Sechs Jahre und drei Monate sind vergangen, seit Andreas Knie von den Freien Wählern (FW) nach zwölfjähriger Amtszeit den Posten als Kaufbeurer Oberbürgermeister an Stefan Bosse (CSU) abgab. Seinerzeit hatten die Christsozialen nach erfolgreicher Wahl erstmals in ihrer Geschichte den Chefposten im Rathaus der Wertachstadt erobert. So mancher fragte sich wohl in den vergangenen Jahren, was Andreas Knie in der Zwischenzeit so tut. Beim Neujahrsempfang der Stadt gab der amtierende OB Bosse jüngst bekannt: Der studierte Arzt Knie hat erfolgreich promoviert zum "Dr. med." - mit der Note 1,0 übrigens. Das Thema der Arbeit: Die gefühlte Sicherheit bei älteren Menschen in fünf Städten der Region - unter anderem in Kaufbeuren. Und abseits dessen macht Knie noch eine Menge mehr, wie eine Nachfrage unserer Zeitung ergab.
Um es vorauszuschicken: Mit der aktiven Politik hat der heute 57-Jährige komplett abgeschlossen, obwohl er "nach wie vor natürlich ein politischer Mensch ist". Langsam hatte er sich aus allen Ämtern gelöst, gab Füh- rungspositionen bei den Freien Wählern ab. Bis 2008 saß er noch für sie im Bezirkstag, zur nächsten Bezirkstagswahl trat er nicht mehr an. Als Kaufbeurer OB war er oft im Mittelpunkt gestanden, viele Entscheidungen entstanden unter großem Zeitdruck. Heute betont er, dass "man im Amt unter diesen Umständen auch nicht immer alles richtig macht". Deshalb habe ihn das Thema Ethik in Politik oder Wirtschaft immer sehr beschäftigt.
Knie, der für seine Tätigkeit als OB Pension bezieht, studierte von 2005 bis 2007 ethisches Management an der Universität Eichstätt und schloss mit einem Master ab. Seitdem berät er von Zeit zu Zeit mittelständische Unternehmen in der Region. Diskret bleibt er auf die Frage, wer seine Kunden sind. Stets gehe es um ethische Fragen bei Führung, Betriebsabläufen und Leitbildern von Firmen - mit klassischer Unternehmensberatung habe das also nichts zu tun.
Eher zufällig
Eher zufällig stieß Knie später zu einer Arbeitsgruppe an der Uni Ulm, die sich mit der gefühlten Sicherheit älterer Menschen beschäftigt.
Er beschloss, zu promovieren und untersuchte über drei Jahre - von 2007 bis 2010 - das Sicherheitsgefühl älterer Menschen in den schwäbischen Städten Kaufbeuren, Kempten, Memmingen, Buchloe und Augsburg. Die Studie war mit allen Ober- und Bürgermeistern der betreffenden Städte vorbesprochen und abgestimmt. Knie entwickelte in mehreren Stufen ein Messinstrument, um dieses letztlich subjektive Gefühl wissenschaftlich bewerten zu können. Herausgekommen ist eine über 120 Seiten starke Doktorarbeit, in der Tausende von Daten aufbereitet sind. Ein Ergebnis ist, dass Kaufbeuren vor allem in puncto ärztlicher Betreuung gut abschneidet.
Die Doktorarbeit liegt auch dem Kaufbeurer OB vor, der es laut Knie positiv sieht, dass nun detailreiche Informationen über dieses wichtige Thema vorhanden sind.
500 Mitglieder
Abseits seiner Studien und der Unternehmensberatung (sowie gelegentlichen Auslandseinsätzen mit der Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica) ist Knie Vorsitzender des Hospizvereins Kaufbeuren/Ostallgäu - mit immerhin drei hauptamtlich tätigen Palliativfachkräften, 60 ehrenamtlichen Hospizhelfern und 500 Mitgliedern. Dieser Verein verfolgt derzeit ein ehrgeiziges Ziel: Die Schaffung einer Kaufbeurer Hospizstation, in der Menschen in den Tod begleitet werden. Eine solche Station gebe es derzeit hier nicht, die nächste befinde sich in Kempten.
Und die Palliativstation am Kaufbeurer Klinikum erfülle zwar derzeit quasi die Funktion einer Hospizstation. "Das ist aber eigentlich nicht ihre Aufgabe. Die Palliativstation soll Sterbenskranke und deren Angehörige auf einen letzten Weg daheim oder in einem Heim vorbereiten." Für die Hospizstation brauche der Verein ein Gebäude und viel Geld, denn es müssen Pflegekräfte rund um die Uhr vorgehalten werden. Das Vorhaben werde derzeit noch genauer abgestimmt, aber schon bald - da ist sich der rührige Ex-OB sicher - kann er konkrete Fakten präsentieren.