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Volldampf für das Kind im Manne

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Volldampf für das Kind im Manne

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    Trafos, Gleise, Güterzüge: Modelleisenbahn-Börse als Dorado für Sammler Von Markus Raffler Kempten Der Besucherandrang erinnert an die Enge eines vollgestopften Bahnsteigs, der Stimmensalat dagegen an das Sprachgewirr an der Börse. 'Um wieviel geht der H0-Anhänger runter, wenn ich die drei Weichen dazu nehme?', schallt es aus einer Ecke. 'Ich brauch die 72\'er Reihe, die andere hilft mir nichts', tönt es aus der anderen. Klarer Fall: Wer sich am Samstag im Kemptener Franziskus-Saal ins Getümmel stürzt, tut das nicht zufällig. Hartgesottene Modelleisenbahner sind es, die sich ­ angespornt vom Kind im Manne ­ um Dampfloks und Anhänger, um Trafos, Lastkräne und Uralt-Gleise drängen.

    Zweimal jährlich findet in Kempten ein Markt für die großen Freunde der kleinen Spuren statt, so Veranstalter Richard Vanoni. Und jedesmal strömen die heimlichen Lokomotivführer in Scharen ­ um bei den privaten Anbietern Schnäppchen zu finden oder ihre Sammlung für mitunter teures Geld aufzustocken.

    Die Brüder Felix (13) und Christoph (14) aus Kempten stechen an diesem Vormittag schon von weitem ins Auge: Zählen sie doch zu den wenigen Nachwuchs-Sammlern unter den hunderten Besuchern. Eine Werkhalle, ein Lokschuppen und ein Kran mit großem Ausleger hat das Duo bei seinem Rundgang bislang ergattert. Alles erstanden zu Taschengeldpreisen. 'Wir kaufen nur auf Börsen, denn im Laden ist uns das zu teuer', berichten die Schüler. Die schönsten Stücke wanderten freilich gratis in ihr Arsenal ­ sie stammen vom Vater: 'Die Loks aus den 50er-Jahren, die wir von ihm haben, sind einfach toll', strahlen die Brüder um die Wette.

    Mit seinen Knirpsen Lukas und Lorenz klappert Erwin Dauser aus Sonthofen die rund 40 Anbieter ab. 35 Loks und 120 Wagen, über den Daumen, kann der 33-Jährige daheim in Fahrt bringen. Für Dauser ist der Samstag ein Glückstag: 'Ich habe heute ein Wunschstück gefunden, das ich schon lange suche.' Und während er die begehrte Güterzuglok zeigt, beginnen bereits die nächsten Kaufverhandlungen um Gleise und Zubehör. 'Meine Frau geht da lieber nicht mit', verrät er lachend.

    Mit Blech fing alles an

    Auf mehrere Tausend schätzt Gottfried Joedecke aus Probstried den harten Kern der Modelleisenbahn-Fans im Allgäu. Der Ingenieur, jahrzehntelang technischer Berater des Marktführers Märklin, ist ein 'alter Hase' in diesem Metier ­ und kann aus dem Stegreif die Entwicklung der Züge von den Anfängen in Blech (um 1890, angetrieben von echtem Dampf oder einem Uhrwerk) bis hin zum heutigen Spritzguss aufschlüsseln.

    So manches Museumsstück hat Werner Jatzkowski im Angebot. Absolute Rarität ­ und zum Bedauern mancher Fans nicht zum Verkauf gedacht: eine Märklin-Tenderlok von 1920. Auf rund 50 000 Mark addiert es sich, wenn der Vollblut-Sammler daheim am Bodensee seinen Lieblingszug zusammenstellt. Rund 500 Loks zählt er sein eigen, jede ist fahrbereit. Denn das ist für Jatzkowski Bedingung: 'Was nicht funktioniert, kaufe ich nicht.'

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