Weiler im Allgäu (wie/tho). In Weiler lebt am Karfreitag eine Form alter Volksfrömmigkeit wieder auf. In der Pfarrkirche St. Blasius ist eines der wenigen noch erhaltenen Heiligen Gräber im Allgäu aufgebaut. Zu verdanken ist es einem Zufall: Pfarrer Rudolf Sinz war beim Stöbern auf dem Dachboden vor einigen Jahren auf das Grab gestoßen. 'Etwas so Wertvolles aus vergangener Zeit darf nicht in Vergessenheit geraten', sagt der Geistliche Rat.
'Heilige Gräber' waren früher weit verbreitet. Es sind Nachbildungen des Grabes Christi in Jerusalem. Zum anschaulichen 'Gedächtnis an die Grabesruhe Jesu und zur religiösen Erbauung der gläubigen Christen' war über lange Zeit hinweg auch im Weilerer Gotteshaus in der Karwoche ein Heiliges Grab zu finden. Im Heimatbuch ist von einem 'schönen, sinnreichen Heiliggrab' zu lesen, 'das seit 1957 ein freudloses Dasein auf dem Dachboden unserer Ortskirche führt'.
Mit der Liturgiereform 1964 verschwanden im Allgäu viele Heilige Gräber. Jahrzehnte später erinnerten zufällige Funde auf dem Speicher der Weiler Kirche an das religiöse Brauchtum. Pfarrer Rudolf Sinz entdeckte beim Stöbern auf dem Dachboden einen der Wächter des Heiligen Grabes. Nach weiterem Suchen fanden er und hilfreiche Ministranten auch noch die Jesusfigur sowie fast das gesamte Zubehör des Heiligen Grabes, das über 30 Jahre nicht mehr verwendet worden war.
Sie bauten es in der Sebastianskapelle auf, doch die erwies sich als zu schmal, sodass man die Pfarrkirche St. Blasius als Standort wählte. 'Begeistert beteiligten sich wieder alle Helfer', erzählt Pfarrer Sinz. Begonnen wird mit dem Aufbau am Dienstag der Karwoche. 'Viele fleißige Hände tragen dazu bei, die riesigen Aufbauten zu bewältigen', sagt Pfarrer Sinz. Unter dem Altartisch befindet sich das eigentliche Heilige Grab, wohl aus dem Jahr 1870 stammend, bewacht allerdings nur noch von dem einzigen gefundenen Wächter.
Die Christusfigur ist aus Gips gefertigt. Die Kulisse besteht aus Holz mit drei Leinwandbildern in Öl, hergestellt vom Kulissenmaler Heimhuber aus Genhofen. Das linke Bild zeigt wie das rechte das Golgathatal mit Blick auf Jerusalem, rechts mit drei Kreuzen versehen. 'Das alles macht das Geschehen anschaulich', erklärt Pfarrer Sinz den Sinn.
Der Geistliche Rat erinnert an Hintergründe des Brauchtums: 'Historisch gesehen ist mit dem Heiligen Grab das Geschehen von Gründonnerstag über Karfreitag bis zur Auferstehung verknüpft.' Am ersten der drei heiligsten Tage versammeln sich die Gläubigen in Weiler zum Gottesdienst und zur Einsetzung des heiligen Abendmahls um 20 Uhr. Der Altar ist ohne Blumen und Kerzen, die Leinwand verdeckt das Heilige Grab. Nach dem Gottesdienst verstummen die Orgel und die Glocken, die im Volksglauben 'zur Weihe nach Rom geflogen' sind.
Zur Sterbestunde Jesu am Karfreitag um 15 Uhr findet ein Wortgottesdienst statt, der dem Leiden Christi gewidmet ist. Nach der Liturgie wird der im Heiligen Grab liegende Jesus gezeigt. Schwester Paula rollt dazu die Leinwand, die die Christusfigur verdeckt, ein. Bis Karsamstag um 8 Uhr ist die Jesusfigur zu sehen, dann wird das Grab wieder abgebaut. Die Gläubigen können danach in der Pfarrkirche im Ostergottesdienst der Bibel entsprechend jubeln: 'Er ist auferstanden, er ist nicht hier.'
Für die Gläubigen in Weiler ist der Aufbau des Heiligen Grabes eine Rückbesinnung auf die alte, religiöse Volksfrömmigkeit. 'Die wird wieder sehr geschätzt. Schließlich bewirkt dies auch, dass das Jahr über mehr Gläubige zur Messe kommen', stellt Rudolf Sinz zufrieden und zugleich hoffnungsvoll fest.