"Kopf zur Seite, trocken husten", lautete damals die Aufforderung. Dazu schloss sich die Hand des Arztes zur Kontrolle um des Mannes beste Stücke. Kniebeugen und Blutdruckmessen gehörten auch zur Prozedur. Genau - man ist bei der Musterung. Der im Grundgesetz verankerten allgemeinen Wehrpflicht gehorchend, war für die meisten jungen Männer früher klar, dass bald nach der Untersuchung im Kreiswehrersatzamt der Einberufungsbescheid im Briefkasten landete. Gemustert wird heutzutage weiter. Aber die Zahl derer, die tatsächlich noch eingezogen werden, ist deutlich gesunken.
Das liegt schon allein daran, dass von über 200000 Wehrpflichtigen vor 20 Jahren heute nurmehr ein Drittel übrig ist. Nicht einmal 15 Prozent aller Gemusterten werden bundesweit derzeit zum noch neunmonatigen Dienst eingezogen.
Ist das noch gerecht? Im Kemptener Kreiswehrersatzamt ist man vorsichtig, was diese Frage angeht. Direkte Vergleiche der Einberufungszahlen eines Kalenderjahres mit dem Aufkommen an wehrdienstfähig Gemusterten in dem jeweiligen Jahr seien schwierig: "Wehrpflichtige stehen grundsätzlich in einem Zeitraum von fünf Jahren zur Ableistung ihres Grundwehrdienstes an, nämlich vom vollendeten 18. Lebensjahr bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres", erläutert ein Sprecher.
Bei der Berechnung der verfügbaren Wehrpflichtigen seien obendrein die Kriegsdienstverweigerer und die nicht wehrdienstfähigen beziehungsweise nicht zu musternden Wehrpflichtigen abzuziehen. Letzteres betrifft insbesondere die Wehrpflichtigen, bei denen sonstige gesetzliche Wehrdienstausnahmen greifen, beispielsweise die sogenannte Dritter-Sohn-Regelung. Auch Wehrpflichtige, die beim Polizei- und Katastrophenschutz dienen ("externer Bedarf"), dürften nicht mitgezählt werden. Abzuziehen seien auch diejenigen Wehrpflichtigen, die sich direkt als Soldat auf Zeit oder Berufssoldat bewerben.
Ein gewisser Teil jedes Jahrgangs wird ausgemustert. Hauptgründe sind Allergien, Asthma, Gelenkerkrankungen , Wirbelsäulenveränderungen und Übergewicht. Die Fälle mit einem ungünstigen Länge/Breite-Verhältnis werden häufiger, haben die Amts-Mediziner beobachtet. Gelegentlich würden auch Spitzensportler ausgemustert, da diese gehäuft Verletzungen haben, die nach Bundeswehrkriterien nicht mehr durchgehen. Nach wie vor wolle ein Teil der Wehrpflichtigen aus den unterschiedlichsten Gründen ausgemustert werden. Ein durchaus relevanter Anteil möchte jedoch tauglich gemustert werden - mögliche berufliche Perspektiven bei der Bundeswehr geben dabei den Ausschlag.