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Verwundete gepflegt und Knirspe aufgepäppelt

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Verwundete gepflegt und Knirspe aufgepäppelt

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    Obermaiselstein (sme).'Ich war immer glücklich im Geben': So beschreibt Marianne Schleich-Straßer ihr Leben als Rotkreuz-Krankenschwester und Leiterin eines Kinderheims. Erlebt hat sie dabei vieles: Von gefährlichen Kriegseinsätzen bis zur Heimgründung in wirtschaftlich schwerer Zeit. Vor kurzem wurde die engagierte Oberallgäuerin 90 Jahre alt. Geboren wurde Marianne Schleich-Straßer 1916, während des Ersten Weltkriegs. Aufgewachsen zusammen mit sieben Geschwistern im Ostallgäuer Geblatsried bei Marktoberdorf, absolvierte sie nach der Schule zuerst eine Ausbildung als Köchin im Krankenhaus Füssen. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ließ sie sich zur Rotkreuz-Helferin und schließlich zur Krankenschwester ausbilden. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs hat die Oberallgäuerin für das Rote Kreuz in verschiedenen Lazaretten verwundete Soldaten gepflegt, etwa in Oberstaufen. Später wurde sie zum Fronteinsatz ins finnische Kemi versetzt, wo auf einem Sportplatz Baracken für die Versorgung der Verwundeten eingerichtet waren. Die junge Krankenschwester aus dem Allgäu war für die 'Baracke Chirurgie' zuständig und pflegte die Schwerverletzten nahezu rund um die Uhr. Bis Mitte des Jahres 1944 dauerte der Einsatz dort, dann ging es für Marianne Schleich-Straßer in einer lebensgefährlichen Reise auf einem Lazarettbehelfsschiff zurück nach Deutschland und von dort aus zum nächsten Einsatz ins ehemals tschechische Marienbad. Dort erlebte sie im Mai 1945 das Ende des Krieges, geriet in amerikanische Gefangenschaft und wurde erneut als Krankenschwester eingesetzt - diesmal in Lazarettzügen, die unter amerikanischer Führung Verwundete nach Ungarn und Italien transportierten.

    Dem Leben eine Wende geben Nach sechs Jahren Krieg und einem Jahr Gefangenschaft folgten weitere Einsätze in verschiedenen Krankenhäusern und schließlich in einem Kurheim für Tuberkulosekranke im Schwarzwald. Dort fasste sie den Entschluss, ihrem Leben eine Wende zu geben und als 'freie Schwester' ein eigenes Kinderheim zu eröffnen. Mit viel Tatkraft und wenig Erspartem gelang es ihr, in Trieblings am Alpsee einen geeigneten Bauernhof zu finden, in dem sie im Mai 1956 ihre ersten 43 Kurkinder begrüßte. 'Viele der Kinder waren unterernährt und mussten erst einmal aufgepäppelt werden', erinnert sie sich. 'Sie hatten die Erholung dringend nötig.' Sechs Wochen dauerte damals ein Kuraufenthalt bei 'Schwester Marianne am Alpsee'. Zwei Jahre später wagte sie sich bereits an ihr zweites Projekt. Sie verließ Trieblings und eröffnete in Niederdorf bei Oberdorf (Gemeinde Obermaiselstein) ihr zweites 'Kinderheim Marianne' - wobei sie bei den Bauarbeiten selbst kräftig mit anpackte. Über 12 000 Kinder hat die heute 90-Jährige in den folgenden Jahrzehnten unter ihrem Dach beherbergt. Gearbeitet hat Marianne Schleich-Straßer 'eigentlich immer' - bis auf zehn freie Tage im Jahr an Weihnachten. Zusätzlich ließ sie sich in Kempten als Erzieherin ausbilden, machte noch eine Ausbildung als Hauswirtschafterin und bildete Lehrlinge aus. 1991 schließlich übergab sie ihr Haus an ihre Großnichte Marianne Osterried. Mittlerweile ist aus dem reinen Kinderheim ein Mutter-Kind-Kurheim geworden. Marianne Schleich-Straßer hat schwere Jahre überstanden, hat Todesangst erlebt bei Bombenangriffen und bei der Flucht mit den Kranken in die Luftschutzkeller. Auch die Sorge um die wirtschaftliche Existenz hat sie geprägt, als sie ganz auf sich gestellt den Bau eines eigenen Kinderheims wagte. Trost und Zuversicht hat sie dabei stets im Gebet gefunden. Und so hatte sich Marianne Schleich-Straßer geschworen, als Dank für die Heimkehr aus Krieg und Gefangenschaft eines Tages eine Kapelle zu bauen. Anfang der 90er Jahre hat sie ihr Versprechen eingelöst. In den Nachkriegsjahren hatte Marianne Schleich-Straßer den Kaufbeurer Ludwig Straßer kennen gelernt. Er wurde ihr in den Aufbaujahren ein treuer Wegbegleiter. Im Jahr 1990 haben beide geheiratet. Marianne Schleich-Straßer war damals 75 Jahre alt.

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