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Verrat und Geldgier

Kempten

Verrat und Geldgier

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    Es beginnt wie ein klassisches Bauerntheater. Auf einer Stellwand ist die Projektion einer Ausgabe von "Unser schönes Allgäu" zu sehen. Eine Singgruppe der Unterillertaler singt und jodelt, unter anderem eine Weise von Jutta Kerber zu Fotografien von imposanten Berggipfeln, grasenden Kühen, Murmeltieren und Ritterspornen. Doch dann steht Claudia Heinrich als Bäuerin Flachsmayer auf der Bühne mit strengem Dutt, klobigen Bergstiefeln und einem barschen Tonfall, ohne dem Gesicht auch nur den Hauch eines milden Lächelns zu verleihen. Schnell wird klar, dass es bei der neuesten Inszenierung des Theaterprojekts Kempten nicht um Trachtenvereinsseligkeit und Allgäuer Brauchtum geht.

    Schulden drängen zur Heirat

    Das Mundartstück "Funkensonntag" der Kemptenerin Else Eberhard-Schobacher ist vielmehr ein dramatisches Stück über Verrat und Geldgier, aber auch über Emanzipation und Liebe. Die Flachsmayerin ist hoch verschuldet und hofft durch die Verheiratung ihrer Tochter Klara mit dem Großbauern Xaver auf Entschuldung und ein sicheres Auskommen für Klara.

    Brav und adrett gekleidet, aber durchaus selbstbewusst, weiß Klara (Eva Bartl) aber viel besser, was gut für sie ist: der Schreiner Michl nämlich. Florian Stöberl spielt ihn liebenswert. Nur leider hat er nur "zweu Geiß" im Stall stehen.

    Der Xaver (Kurt Brück) in Lederhose ist da schon ein ganz anderes Kaliber. Vor allem über Lautstärke zeigt Brück, dass Geld gleich Macht bedeutet, aber auch dass Geld nicht glücklich macht, sondern einen in den Wahnsinn treiben kann.

    Spiel im Allgäuer Dialekt

    Als er von Klara zurückgewiesen wird, zündet er sich und sein Anwesen an. Die Darsteller (auch die weiteren wie Christian Schäfer, Korbinian Amann, Gerdi Klein, Christa Schlagenhaft und Hanne Grath) beherrschen den Allgäuer Dialekt perfekt und genießen das Spiel sichtbar. Eva Bartl als Tochter Klara lässt sich ganz professionell selbst dann nicht beirren, als Regisseur Willibald Herrmann ziemlich unprofessionell sich während des Spiels am defekten Bühnenbild zu schaffen macht.

    Dass eine postulierte Aktualität dem vor über 70 Jahren uraufgeführten Stück gegeben sei, wird nicht wirklich deutlich, auch wenn die Milchbauern arg in der Finanz-Klemme sitzen. Zumindest hofft man doch, dass Probleme im Allgäu heute aufgeklärter und zivilisierter gelöst werden. (jms)

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