Die Familienverhältnisse waren desolat für die erwachsene Tochter. Der Vater ist trunksüchtig. Mit der Mutter lag sie häufig über Kreuz. Jetzt auch noch dieser peinliche Gerichtstermin für das Mädchen mit einer Fülle von Fragen intimen Charakters vor unbeteiligten Zuhörern. Letztendlich verurteilte die Schöffeninstanz des Amtsgerichts Sonthofen aufgrund der Aussagen der Tochter den 47-jährigen Angeklagten aus dem Oberallgäu zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.
Richterin Brigitte Gramatte-Dresse und ihre beigeordneten zwei ehrenamtlichen Richter ohne Robe kamen zur Überzeugung, dass der Vater seine Tochter sexuell genötigt hatte. Damit nicht genug: Auch Schläge gegenüber seiner Ex-Ehefrau flossen in das Urteil über den mehrfach vorbestraften Mann ein. Eineinhalb Jahre muss sich der Angeklagte nun in einer geschlossenen Einrichtung einer Alkohol-Entziehungskur unterziehen. Selbst am Tag seiner Verhandlung hatte er zuvor nach eigenem Eingeständnis fünf Halbe Bier getrunken gehabt. Er blies im Gerichtssaal ins Tütchen. Ergebnis: 1,6 Promille.
Alle Mahnungen fruchten nicht
Während des Prozessablaufs zeigte der Angeklagte dennoch keinerlei sprachliche Ausfälle. Es war genauso wie beim ersten Prozesstag, der bereits im August stattgefunden hatte und an dem er ebenfalls im Gerichtssaal seinen Alkoholpegel hatte messen lassen (wir berichteten). Seinerzeit war ein psychiatrisches Gutachten zu den Verhaltensweisen des 47-Jährigen in Auftrag gegeben worden. Das Ergebnis wurde nun vom Psychiater dargelegt.
Trotz inständiger Mahnungen, nun endlich vor dem Richtertisch die Wahrheit zu sagen über jenen Tag vor mehr als einem Jahr, als die Tochter bei ihrem Vater zu Besuch war, blieb der Mann bei seiner Darstellung, die ganz anders ausfiel als die Schilderungen der Tochter. Auf der Couch soll der vom Gericht letztendlich als minderschwerer Fall eingestufte sexuelle Übergriff passiert sein.
Man habe lediglich «rumgeblödelt», und er habe ihr allenfalls einen Klaps auf den Po gegeben, lautete seine Erklärung. «Willst du mich ins Gefängnis bringen?», entgegnete der Vater bei der Aufforderung an ihn, sich bei seinem Kind zu entschuldigen und endlich reinen Tisch zu machen.

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Der Verteidiger wollte seinen Mandanten herauspauken, indem er die Tochter als unglaubwürdig darstellte. Seinen Antrag, die junge Frau psychiatrisch untersuchen zu lassen, wehrte das Gericht indes ab. Die Aussagen der Mutter, die von der berufsmäßigen Richterin während der Verhandlung per Taxi aus dem Ostallgäu herbeibeordert wurde, hatten für den Rechtsanwalt ebenfalls keine Beweiskraft. Der Verteidiger wollte beim Anklagepunkt der Nötigung sogar einen Freispruch. Hingegen hatte die Staatsanwältin eine Haftstrafe von drei Jahren als notwendig erachtet.