Für Klavierkonzerte herkömmlicher Prägung ist der Kreuzherrnsaal wegen seiner sakralen, hallenden Akustik nicht geeignet. Wie man aus dieser Not eine Tugend machen kann, demonstrierte Valerij Petasch.
Sprudelnde Kaskaden, polyphone Verschränkungen und großspuriges Auftrumpfen machen hier keinen Sinn. Auch Fortissimo-Gebärden kommen beim Zuhörer als Klangbrei an und sorgen für verstopfte Ohren. Es ist, als ob man mit einem ständig auf 'Vollgas' festgeklemmten Hall-Pedal spielten muss. Um so Tastenkunst zu zeigen, muss man ein Virtuose im Andeuten und Zurücknehmen sein. Sein Klavier-Ego zügeln. Kunstvoll dezent zeigte sich Petasch schon beim 'Ständchen' von Franz Schubert. Liszt hat dieses bekannte Lied ('Leise flehen meine Lieder') komplett auf die Taste verlagert und delikate Echo-Wirkungen eingebaut.
Das herrschende Element in dieser Aquarell-Akustik kann nur das Wasser sein. Aus den rollenden Wellen von Franz Schuberts Impromptu wurde venusische Schönheit geboren. Dazu weiches Ges-Dur und der weiche Klang des Bösendorfer-Flügels: Creme de la Creme. 'In silbernen Strömungen' badete Petasch seine Zuhörer nun in eine eigene Komposition, genauso wie die Hochzeit von 'Leib und Seele'. Der Wasser-Reigen wurde komplettiert durch die 'Ondine' von Maurice Ravel ('Undine' heißt diese Nixe bei uns). Klangexplosionen gab es dann beim 'Feuerwerk' von Claude Debussy. Rausch, Ekstase.
Töne tröpfeln zart
Auf die 'Tarantella' von Chopin verzichtete Petasch klugerweise. Er ließ stattdessen bei zwei 'Nocturnes' nächtliche Töne zart tröpfeln. Geheimnisvoll schillerte nun seine eigene 'Etüde', lächelnd beschwingt sein 'Karneval'. Klavier-Poesie war das von Liszt vertone Sonett Petrarcas. Die frühe Jugend des Walzers erlebte man in Schuberts 'Wiener Abende'. Und mit einer eigenen 'Abendstimmung' als Zugabe entließ Petasch sein dankbares Publikum, das er mit brillanter Bescheidenheit faszinierte.