Die vergangenen Jahre glichen einer wirtschaftlichen Achterbahnfahrt. Wie so viele Unternehmen aus dem Maschinenbau erlebte auch Mayr Antriebstechnik in Mauerstetten eine der größten konjunkturellen Krisen in der Nachkriegszeit. Ebenso rasant, wie es bergab gegangen war, schnellte die Wirtschaft im vergangenen Jahr wieder nach oben. Das Unternehmen schließt nun nach eigenen Angaben wieder an die guten Zahlen von 2008 an - mit den selben Mitarbeitern wie damals. Betriebsbedingte Entlassungen gab es noch nie in der Ära von Seniorchef Fritz Mayr. AZ-Redakteur Alexander Vuko sprach mit dem 85-Jährigen über Krisen und die enge Bindung zwischen Unternehmen und Belegschaft.
Herr Mayr, wie haben Sie die Krise in Erinnerung - manche sagen, die größte in der Nachkriegszeit?
Mayr: Die Krise hat uns gar nicht so sehr getroffen - auch wenn wir Kurzarbeit hatten, die sich für uns sehr positiv ausgewirkt hat. Viele Zulieferer mussten einen Teil der Belegschaft entlassen. Als es wirtschaftlich wieder bergauf ging, hätten sie liefern müssen, konnten das aber nicht, weil sie keine Leute hatten.
Aber Kurzarbeit ist mit Verzicht verbunden.
Mayr: Wir haben in der Krise eine Art Solidarpakt mit den Mitarbeitern geschlossen. Durch die Kurzarbeit haben sie auf einen Teil des Gehalts verzichtet. Alle sind an Bord geblieben. Deshalb konnten wir 2010 durchstarten - ohne Leistungsverlust. Jetzt geben wir der Belegschaft etwas zurück.
Wie steht das Unternehmen heute da?
Mayr: Da muss ich ausholen. In den Anfangsjahren war ich gesundheitlich angeschlagen. Ich musste den Betrieb damals größer und damit sicherer, also stabiler machen. Das hat sich ausgewirkt. Es geht ja nicht nur um Produkte, es geht um die Märkte. Deshalb habe ich mit Kupplungen angefangen. Das hat sich bewährt. Wir haben Sicherheitsprodukte, die durch die Elektronik nicht ersetzt werden können. Qualität gibt Stabilität. Auch in der Bilanz. Wir haben die Krise ohne Kreditaufnahmen durchgestanden.
Also Stabilität und nicht Wachstum als wirtschaftliches Erfolgsrezept?
Mayr: Mayr Antriebstechnik ist keine Aktiengesellschaft, bei der es darum geht, die Kurse hochzutreiben. Bei uns kann jeder bis zur Rente arbeiten. Es gab noch nie eine Entlassung aus betriebsbedingten Gründen seit meinem Eintritt ins Unternehmen 1956. Für die Mitarbeiter ist das so etwas wie eine Versicherung ohne Prämie. Wir bilden für den eigenen Arbeitskräftebedarf aus. Wer nicht bei uns bleibt, wird uns aus der Hand gerissen oder geht studieren und kommt dann vielleicht wieder zurück. Da jammern wir nicht. Die Ausbildung war schon immer ein Steckenpferd von mir.
Sie haben ein international tätiges Unternehmen und sind in Mauerstetten verwurzelt. Ein Widerspruch?
Mayr: Wir sind ein global agierendes Unternehmen, fertigen beispielsweise auch in Polen. Dort expandieren wir mehr als in Mauerstetten. Das ist kein Widerspruch, denn wir haben ein sehr gutes System. Die jeweiligen Geschäftsführer sind deutsch. Das ist das Geheimnis des Erfolgs. Die Kommunikation ist hervorragend. Genauso ist es bei den Chinesen.
Bleibt Mauerstetten Ihre unternehmerische Heimat?
Mayr: Wir bleiben in Mauerstetten und wollen expandieren. Es geht ja nicht nur um den Aufschwung, es geht auch um Innovationen. Der Branchenmix, den wir bedienen, wird immer größer. Ich sehe die Entwicklung Mauerstettens eng mit der Firma Mayr verbunden.
Was ist der größte Unterschied bei der Entwicklung und dem Verkauf von Bremsen und Sicherheitskupplungen zwischen früher und heute?
Mayr: Damals ging es nur darum, dass ein Produkt funktioniert. Heute ist es selbstverständlich, dass es funktioniert. Im Vordergrund stehen eine kurze Lieferzeit, guter Service und gutes Marketing.
Ihr Lieblingsprodukt?
Mayr: Vor 30 Jahren habe ich die Sicherheitskupplung EAS für Verpackungs- und Förderanlagen konstruiert. Die läuft heute noch nach Originalplänen und wird von der Konkurrenz nachgebaut.