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Unternehmen mit Substanz

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    Gespräch mit dem neuen Momm-Besitzer Kunstmann ­ Ein halbes Jahr verhandelt Kaufbeuren (hzm).'Am Standort Bundesrepublik müssen wir in der Textilindustrie jeden Tag jeden Arbeitsplatz verteidigen.' In einem Gespräch mit der AZ gab Dr. Hartmut H. Kunstmann, der neue Besitzer der Spinnerei und Weberei Momm, Auskunft über seine Beweggründe und Absichten. Der innerhalb eines Jahres durch Fluktuation von 280 auf 260 Mitarbeiter verringerten Belegschaft wird sich Kunstmann am heutigen Freitag in einer Betriebsversammlung vorstellen.

    Der 57-jährige Unternehmer stammt aus einer Textilindustriellenfamilie. 'Eigentlich wollte ich nicht in dieser Branche tätig sein und habe deshalb nach einer kaufmännischen Ausbildung Jura studiert', erzählt er über seinen Werdegang, 'der damalige bayerische Wirtschaftsminister Anton Jaumann hat mich dann aber vor rund zwei Jahrzehnten dazu gebracht, dass ich mich in der Geschäftsführung der krisengeschüttelten Erba AG in Erlangen engagiert habe, deren Arbeitsplätze letztlich doch nicht zu halten waren.'

    Seit dieser Zeit kennt Kunstmann Kurt Hilbert (51), der im Mai 1997 von Forchheim als Vorstand nach Kaufbeuren gekommen war und nach der Umwandlung der Momm AG in eine Personengesellschaft als alleiniger Geschäftsführer das Unternehmen leitete. Im Wissen um die Absicht der Aveco Holding AG des Frankfurter Unternehmers Claus Wisser, sich von dem Textilunternehmen zu trennen, sprach Hilbert Kunstmann auf ein mögliches Engagement in Kaufbeuren an.

    Die Verhandlungen über den Verkauf dauerten rund ein halbes Jahr. 'Ich habe alle Bücher und Verträge gesehen. Es war mir wichtig, ein Unternehmen mit Substanz zu kaufen', verweist Kunstmann auf die 220000 Quadratmeter zum Teil unbebauter Grundstücksfläche im Momm-Gebiet am Bleichanger, die ebenfalls der Aveco abgekauft wurden. Beim Wisser-Konzern sind dagegen die Erbbaurechte etwa im Bereich der Alten Weberei, die Werkswohnungen und Mietwohnungen sowie die Immobilien der früheren Spinnerei und Weberei Kempten geblieben. 'Für diese Liegenschaften machen wir aber im Auftrag von Aveco weiter die Verwaltung', so Hilbert.

    Kunstmann hebt hervor, dass Momm 'schuldenfrei ist und ein gutes Produkt hat. Für die Zukunft werden wir überlegen, ob wir uns abrunden können.' Laut Hilbert wurden in den vergangenen zehn Jahren 74 Millionen Mark investiert.

    Die Intertex Holding Gmb H wird ihren Sitz in Kaufbeuren haben. Unter ihrem Dach sollen alle textilen Aktivitäten Kunstmanns zusammengefasst werden. Dazu gehören auch Textilhandelsgesellschaften in Forchheim und Hongkong.

    Spitzenprodukt Viskose

    Um die Abhängigkeit vom schnell wechselnden, launischen Modemarkt zu verringern, hat Momm in den vergangenen Jahren den Absatz seines Naturfaser-Spitzenprodukts Viskose in technischen Anwendungsbereichen ausgebaut. Viskose wird zum Beispiel in so unterschiedlichen beschichteten Produkten wie Bucheinbände oder Türen (Portas) verwendet.

    'Wir müssen uns mit technologisch hochwertigen Produkten von der Importflut absetzen, sonst haben wir keine Chance', bekräftigt Kunstmann diese Geschäftsstrategie. Laut Hilbert machen technische Gewebe aus den Fabrikhallen am Bleichanger mittlerweile 60 Prozent des Umsatzes aus.

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