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Unternehmen des Allgäuer Bundestagsabgeordneten Peter Felser (AfD): Propaganda-Material für Rechtsextremisten

Politik

Unternehmen des Allgäuer Bundestagsabgeordneten Peter Felser (AfD): Propaganda-Material für Rechtsextremisten

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    Unternehmen des Allgäuer Bundestagsabgeordneten Peter Felser (AfD): Propaganda-Material für Rechtsextremisten
    Unternehmen des Allgäuer Bundestagsabgeordneten Peter Felser (AfD): Propaganda-Material für Rechtsextremisten Foto: Martina Diemand

    Es war kein kleiner Ausrutscher irgendwo in seiner Firma, an den er sich nach so langer Zeit nicht mehr erinnern will: Peter Felser (48), Fraktionsvize der AfD im Bundestag, hat nicht nur 2001 und 2003 zwei rechtsextreme PR-Videos für die Republikaner gemacht.

    In seinem Unternehmen wk & f in Kempten wurde in weit größerem Ausmaß als bisher bekannt die rechte und rechtsextreme Szene mit DVD-Dokumentationen, CDs und Dienstleistungen bedient. Das lief neben der ganz normalen Produktion der Agentur vom Werbefilm für Landmaschinen bis zur Weihnachtslieder-Sammlung. Felser und w k & f pflegten engen Kontakt zu den publizistischen Flaggschiffen der 'Neuen Rechten'. Beziehungen reichen bis zu Verlagen aus dem Umfeld von DVU und NPD, zu ewig Gestrigen und Ex-Neonazis.

    'Akte Felser'

    Dabei gilt Felser als einer der bürgerlichen Gemäßigten in der AfD. 'Orientierung unbekannt' attestierte ihm Zeit Online , als die Internetredaktion die neuen Bundestagsmitglieder der AfD von 'gemäßigt' bis 'ultrarechts' sortierte. Doch das nette Image bröckelt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung brachte im November mit dem Bericht 'Akte Felser' den Stein ins Rollen. Der Abgeordnete soll 2001 und 2003 volksverhetzende, antisemitische Wahlwerbespots für die Republikaner produziert haben: So extrem, dass der Hessische Rundfunk und der Sender Freies Berlin eine Ausstrahlung verweigerten. Gerichte gaben ihnen recht.

    Gegenüber unserer Zeitung versicherte Felser zunächst, er könne sich nicht erinnern, dass diese Filme in seiner Agentur produziert worden seien. 'Die Sache ist mit meiner Firma gelaufen, und dafür muss ich die Verantwortung als Geschäftsführer übernehmen', fügte er staatsmännisch hinzu. Er wolle den Sachverhalt prüfen. Wir hakten nach. Er habe tatsächlich Manuskripte gefunden, die man jetzt auswerte, antwortet Felser: Das Material weise aber eher darauf hin, 'dass ich nicht wie behauptet maßgeblich beteiligt war'. Ein ehemaliger Mitarbeiter kommentiert den Fall kopfschüttelnd: 'Ein Witz, dass er das nicht gewusst haben will. Es gab keinen Text, der nicht über Felsers Tisch gelaufen ist.' Der räumt selbst ein, dass das Unternehmen damals nur 'vier oder fünf' festangestellte Mitarbeiter hatte.

    Tatsächlich produzierte und vertrieb wk & f einschlägiges Material für rechtsgerichtete Verlage – von der Einzelbestellung bis zu Lieferungen mit vierstelligen Stückzahlen. Rechnungen, Kontoauszüge und andere Schriftstücke, die das belegen, liegen unserer Zeitung vor.

    'Wollte Adolf Hitler den Krieg?'

    Ein Beispiel: Für die rechtsradikale Zeitschrift Deutsche Geschichte produzierte Felsers Firma über eine Tagung im Mai 2006 in München eine DVD mit dem Titel 'Wollte Adolf Hitler den Krieg? – Kriegsursachen 1939/41'. Die Scheibe gibt drei Vorträge wieder, in denen die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs infrage gestellt wird. Die Redner Gerd Schultze-Rhondorf, Stefan Scheil und Walter Post vertreten wissenschaftlich unhaltbare Thesen. Geschichte verzerrende Propaganda hat einen großen Markt bei politisch Rechten. Die Zeitschrift erscheint bei der Verlagsgesellschaft Berg, für die wk & f auch andere Produkte vertrieb. Den Auftrag zur Tagung 2006 hatte der Publizist Michael Friedrich Vogt (siehe Infokasten) vermittelt – an Felser persönlich. Der kann sich aber 'an so was nicht erinnern'.

    'Rechter Ramsch' in der Werbeagentur

    'Die heftigen Sachen wurden im inneren Zirkel um die Firmenchefs Felser und Widmer besprochen und erledigt', sagt dagegen ein ehemaliger wk & f-Mitarbeiter. Vieles sei zuhause oder nachts in der Firma geschnitten worden – 'aber es lag doch mal was rum'. 'Hier lief zu 60 Prozent die nette, normale Werbeagentur. Der Rest war rechter Ramsch', schätzt ein anderer Ex-Kollege. Felser widerspricht heftig: 'Das stimmt so nicht – vielleicht 99:1, wenn da mal nebenbei etwas aus dieser Richtung lief.' Ein eigenes Geschäftsfeld sei das nicht gewesen.

    'Auftragsarbeit ist Auftragsarbeit. Aber solchen Mist macht man ja nicht aus innerer Überzeugung', sagt Felser. Er kämpfe für die gemäßigte Linie in der AfD: 'Ich bin sicher kein Ultrarechter.'

    Ein ehemaliger Mitarbeiter erzählt, er sei im Büro über Kartons voller CDs gestolpert: Landsknechtslieder, Parademärsche der Waffen-SS. In den Kisten sah er auch Gedenk-CDs über den Schriftsteller und Rechtsterroristen Ernst von Salomon (1902-1972). Die stammten aus dem Verlag 'Vox Libri' des Ex-Neonazis Jirka Buder. Und der arbeitete bei wk & f etwa ab 2006 bis 2016. Das bestätigt auch Felser. Buder habe aber 'nur Traktor-Cover und Ähnliches gemacht', behauptet der Firmenchef.

    Nach Angaben der antifaschistischen Plattform thüringenrechtsaußen war Buder in den 90er Jahren Mitglied der Wiking-Jugend und der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Beide sind inzwischen verboten. Für den Nazibarden Frank Rennicke entwarf Buder CD-Cover und spielte in dessen Band. Wer durch Internetseiten einschlägiger Verlage surft, findet ihn in den Jahren 2000 bis 2002 als Designer von Umschlägen für Bücher über Hitlers Traumschiffe, den Führer-Stellvertreter Rudolf Heß und ein Kriegstagebuch des Sturzkampffliegers und NS-Fluchthelfers Hans-Ulrich Rudel. Schließlich fand Buder bei wk & f Lohn und Brot.

    Rechter "Art Director"

    Seit Frühjahr 2017 arbeitet der 46-Jährige für die AfD in Thüringen. Als dort im Juli die Vize-Landesvorsitzende Steffi Brönner unter Getöse ihr Amt hinwarf, lautete einer ihrer Vorwürfe gegen Fraktionschef Björn Höcke: Er besetze zentrale Positionen mit Personen, die rechtsextremen Organisationen angehörten – unter ihnen Buder. Dessen Vergangenheit sei 'für jeden konservativen, bürgerlich-liberal denkenden Demokraten ein absolutes Ausschlusskriterium'. Die Fraktion streitet nach einem Bericht der Thüringischen Landeszeitung Buders radikale Wurzeln gar nicht ab. Sie beschäftigt ihn als 'Art Director'.

    Denselben Titel trug er vorher bei wk & f in Kempten. Hat es den gutbürgerlichen Geschäftsmann und gemäßigten AfDler Peter Felser nicht gestört, dass sein Chef-Gestalter aus der Neonazi-Szene kam? Er habe sich 'dann auch gewundert', als er davon erfahren habe, sagt Felser. Aber man müsse sich doch auch fragen, wie lange man einem Menschen seine Vergangenheit vorhalten wolle. Ob er dabei nur Buder meint, bleibt offen.

    Neue Rechte und alte Kameraden

    Warum Felsers Firma wk & f keine Berührungsprobleme mit ungewöhnlichen Kunden hatte – und weshalb der Buchstabe 'k' nicht 'Kommunikation' bedeutet, wie der AfD-Politiker behauptet hat.

    Die wk & f Kommunikation GmbH bietet Firmenvideos und DVD-Produktionen an. Schwerpunkte sind Landwirtschaft, Garten und Feuerwehr. Zum Angebot gehören Musik-CDs, Eisenbahn- und technikhistorische Filme, Apps für Jäger und Naturfreunde. Nun kam ans Licht, dass die vom AfD-Abgeordneten Peter Felser geführte Agentur in früheren Jahren für die Republikaner und rechte Verlage arbeitete. Wie kommt eine normale PR-Agentur dazu?

    Die einfache Antwort: Wer selbst rechts steht, hat kein Problem mit solchen Kunden. Gegründet wurde wk & f 1998 von Bernd Widmer, Götz Kubitschek und Peter Felser – die drei Buchstaben stehen für ihre Nachnamen. Felser bestritt das jüngst gegenüber unserer Zeitung – vermutlich, weil Kubitschek ein bekannter Rechtsextremer ist. Das 'k' stehe für 'Kommunikation', behauptete Felser. Kubitschek bestätigte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aber, dass er dahintersteckt. Auch ein unserer Zeitung vorliegendes Schreiben belegt das.

    Felser war Mitglied der rechtsextremen Republikaner, nach eigenen Angaben bis 1992. 'Ich war 22. Das gehört zu meiner Biografie', sagte er am Freitag: 'Zu dieser Zeit galten die Republikaner aber noch als konservativ.' Franz Schönhuber, Vorsitzender von 1985 bis 1994, hatte die Partei allerdings bereits kurz nach seinem Amtsantritt auf einen stramm nationalistischen Kurs getrimmt und damit ausgelöst, dass der Verfassungsschutz sie schließlich über Jahre hinweg beobachtete.

    Widmer war nach Recherchen des SPD-nahen Informationsdienstes Blick nach rechts in den 90er Jahren ein hoher Funktionär des völkisch orientierten 'Bundes Heimattreuer Jugend – der Freibund'.

    Bereits vor 17 Jahren stieg Kubitschek bei wk & f aus. Man verlor sich aber nicht aus den Augen. Sein Name fiel noch Jahre später häufig in der Firma, erinnern sich ehemalige Mitarbeiter. Felser sagte, er sei nicht mehr dem Kreis um Kubitschek zuzurechnen, ihre Wege hätten sich getrennt. Wann, ist unklar.

    Der gebürtige Ravensburger Kubitschek (47) hält in der rechten Szene viele Fäden in der Hand. Laut Zeit Online fördert er die identitäre Bewegung. Er sprach bei Pegida-Aufmärschen. Selbst nicht Parteimitglied, ist er eng mit AfD-Rechtsausleger Björn Höcke verbandelt. Kubitschek ist Mitgründer des Instituts für Staatspolitik (IfS) in Steigra (Sachsen-Anhalt). Der Extremismus-Experte Helmut Kellershohn ordnet das IfS als wichtigste Denkfabrik der 'Neuen Rechten' ein. Vertreter der Bewegung umkurven den Nationalsozialismus ideologisch und beziehen sich oft auf nationalistische, antidemokratische Vorbilder aus der Weimarer Zeit. Zentrale Institutionen der Bewegung sind das IfS und die Zeitschrift Junge Freiheit in Berlin. Kellershohn beschreibt sie als 'arbeitsteiliges Netzwerk', das allerdings 2014 nach einem Streit um Strategiefragen Risse bekam.

    In diesem Geflecht spielte wk & f über Jahre eine Rolle als Produzent, technischer Dienstleister und Umschlagplatz. Für die Junge Freiheit erledigte wk & f Grafik- und Design-Aufträge. Felser schreibt als Autor für die Zeitschrift. Nach Informationen unserer Zeitung vermittelte Kubitschek noch Jahre nach seinem Weggang Kontakte aus der rechten Szene an seinen alten Kameraden und dessen Agentur.

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