Die schwäbische Jugendbildungsstätte (Jubi) ist derzeit für Gäste geschlossen. Damit hat - so sollte man meinen - der angehende neue Leiter der Einrichtung, Michael Sell, genug Ruhe, um sich in sein Aufgabengebiet einzuarbeiten. Seit Anfang des Jahres ist er in Babenhausen und soll, wenn Bernhard Schneider Ende März in den Ruhestand geht, die Zügel in die Hand nehmen. Doch eine ruhige Einarbeitungsphase ist das nicht: Es wird gehämmert, gebohrt und gesägt - überall im Haus sind Bauarbeiter zugange. Schließlich wird die Jubi derzeit energetisch saniert.
Morgens wisse er manchmal nicht, in welchem Raum er überhaupt arbeiten kann, erzählt Sell. Doch trotz dieser Unwegsamkeiten habe er in Babenhausen seinen "Traumjob" gefunden. In seinem Berufswechsel sieht der ehemalige Pfarrer aber keine 180-Grad-Wendung: Schließlich habe die Jubi auch einen seelsorgerischen Auftrag. Es werden Werte vermittelt, zwar nicht unbedingt auf dem katholischen Glauben basierend, aber im ethischen Bereich. Dass er bisher in einem anderen beruflichen Umfeld zu Hause war, darin sieht der 38-Jährige auch Vorteile: "Ich habe einen anderen Blick auf die Sache." Und der Jugend fühlt sich Sell sehr verbunden. Vom Ministrantendienst an sei er in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert gewesen. Nach dem Studium war er beim Bischöflichen Jugendamt Würzburg Bildungsreferent. Auch als Pfarrer lagen ihm die Anliegen junger Menschen besonders am Herzen.
Die Jugendbildungsstätte soll unter seiner Leitung ein Ort bleiben, an dem sich Jugendliche wohlfühlen und Impulse für ihr Leben bekommen, kündigt er an. Der Typ, der gleich alles umkrempeln will, sei er aber nicht: "Im ersten Jahr werde ich gucken, hören und Kontakte knüpfen." Schwerpunkte der Einrichtung werden auf jeden Fall Umweltbildung und Erlebnispädagogik bleiben. Aber Sell will auch - wie unter Schneider bereits begonnen - die Internationalität fördern. Wichtig ist ihm auch die politische Bildung: "Denn ohne Hintergrundwissen ist es für Jugendliche schwer, eine eigene Meinung zu entwickeln."
Obwohl die Bildungsstätte eine Einrichtung für den gesamten Bezirk ist, denkt Sell auch an die Jugendlichen in Babenhausen: "Mir ist es wichtig, dass die Jubi im Ort vernetzt ist." Und obwohl ihm der Fuggermarkt mit Schloss und Theater vom ersten Besuch an zugesagt hat, hat er - was die Möglichkeiten für Jugendliche angeht - einen ersten Kritikpunkt: "Die Infrastruktur ist weniger gut." Für junge Leute, die auch mal ins Kino oder in die Disco wollen, sei das eine Einschränkung.
Eröffnung am 10. Februar
Nachdem er sich nun einen ersten Eindruck vom Umfeld der Jubi machen konnte, erwartet Sell nun gespannt die ersten Gästegruppen. Am 10. Februar soll das Haus wieder öffnen und im Frühjahr die Sanierung komplett abgeschlossen sein. Momentan ist von dem charakteristischen, gläsernen Zwischengang nicht viel übrig; er wird aber wieder aufgebaut.
Doch die neu angebrachte Lärchenholzverkleidung lässt bereits erahnen, wie das Haus einmal aussehen wird, wenn ein dreifacher Neuanfang ansteht: Für die Jubi äußerlich mit neuer Optik, intern mit neuem Leiter und für Sell selbst beginnt ein neuer Lebensabschnitt.