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Traumhafter Erfolg für eine Polka

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Traumhafter Erfolg für eine Polka

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    Von Hans Honold |RavensburgNicht einmal in seinen kühnsten Träumen ahnte Norbert Gälle, dass seine Polka "Böhmischer Traum" einmal Kult werden würde. Genau zehn Jahre ist es her, dass der Oberschwabe aus der Nähe von Ravensburg das Stück für die Scherzachtaler Blasmusik, bei der er das Tenorhorn bläst, schrieb. Inzwischen spielt es landauf landab so gut wie jede Blaskapelle und treibt die Zuhörer oft auf Bänke und Stühle - zum Mitklatschen und Mitsingen.

    Die musikalischen Vorbilder von Norbert Gälle sind sein 1988 verstorbener Vater Anton und der große Ernst Mosch. Den beiden ist - indirekt - die Entstehung des Böhmischen Traums zu verdanken. Bei einem Konzert von Mosch in Ravensburg sah Norbert Gälle den damals schon kranken Egerländer-Chef. "Mir war klar, dass dieses Konzert eines der letzten von ihm sein würde", erinnert sich Gälle. "Und ich sah meinen verstorbenen Vater vor mir." In der darauffolgenden Nacht habe er schlecht geschlafen und sehr unruhig geträumt. Da die Produktion einer Scherzachtaler CD anstand, rief am nächsten Morgen sein Bruder Anton an, um sich nach dem Namen einer schon geschriebenen, aber noch titellosen Polka zu erkundigen. Gälle: "Ohne viel nachzudenken, stand für mich dann der Titel fest: Böhmischer Traum.

    Etwa ein Jahr später hörte sie der Musikverleger Siegfried Rundel (Rot an der Rot) im Radio und wollte das Stück auf Noten herausbringen, "Zunächst wollte ich es gar nicht hergeben", erinnert sich Gälle. "Dann habe ich es doch gemacht, aber ich hätte nie geglaubt, dass es solche Ausmaße annehmen würde."

    Inzwischen ist der Böhmische Traum zum Kulthit geworden. Er ist so populär, dass das Publikum in den Festzelten, gleich zu welcher Uhrzeit, auf den Bänken steht und mitklatscht. Das Stück spricht auch die jüngere Generation an und wird sogar in Disco-Zelten gespielt. Einmal sah Gälle eine junge Frau, die auf ihrem Rücken die Klarinettennoten des Böhmischen Traums auftätowiert hatte.

    Herzblut und Gänsehaut

    "Den Böhmischen Traum spiele ich mit Herzblut, und dabei läuft es mir jedes Mal eiskalt den Buckel hinunter", sagt etwa Horst Högg aus Moosbach/Unterallgäu, seit über 25 Jahren musikalischer Leiter der Schmittbach-Musikanten. "Und ich weiß, dass das auch vielen im Publikum so geht."

    100000 Mal ist die Polka auf Tonträger gepresst worden, weiß Norbert Gälle. Sie werde auch von Rock-Akkordeonorchestern, Stubenmusiken interpretiert und kursiere als Technofassung.

    Der musikalische Erfolg spiegelt sich auch im Verkauf. Das Stück stehe schon seit ein paar Jahren europaweit auf Platz eins, sagt Verlegersohn Stefan Rundel. Auch in Amerika und Australien laufe der Böhmische Traum. Selbst bei den ganz Kleinen kommt die Polka an, erzählt Komponist Gälle. In einem Festzelt musste die Scherzachtaler Blasmusik einmal die Polka im Programm vorziehen, weil ein kleiner Junge sie unbedingt hören wollte, aber es schon Zeit zum Schlafen war. "Als dieser Junge neben mir auf der Bühne saß, war das für mich ein unvergessliches Erlebnis."

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