Füssen (rie). Die sogenannte fünfte Jahreszeit - regional unterschiedlich als Karneval, Fastnacht oder Fasching bezeichnet - beginnt gleich zweimal: zum Auftakt der Fastenzeit vor Weihnachten am 11.11. um 11.11 Uhr sowie dann die 'heiße Phase' in der Woche vor dem Beginn des Osterfas-tens.
Dauer, Höhepunkte und Brauchtum der tollen Tage sind jedoch landschaftlich verschieden. Das Wort Karneval kommt aus dem Lateinischen, carne vale und kann mit 'Fleisch, lebe wohl' übersetzt werden. Das aus dem Mittelhochdeutschen stammende Wort Fastnacht oder Fasching bedeutet nächtlicher Unfug aus Freude über den kommenden Lenz. Fastnacht wurde in vorchristlicher Zeit als Vorfrühlings- und Fruchtbarkeitsfest gefeiert, mit dem sich die Menschen die Angst vor Kälte und Krankheit vertrieben. Die Kirche hatte wenig Erfolg in der Bekämpfung solch heidnischer Sitten; es gelang ihr lediglich, mit dem Aschermittwoch einen Schlusspunkt des wilden Treibens vor der Bußzeit zu markieren. Eigentlicher Auftakt der schwäbisch-allemannischen Fasnet ist der Schmotzige Dunschtig, der Donnerstag vor dem Fastnachtssonntag. Besonders im Rheinland gilt der Rosenmontag, früher als der 'geile Montag' begangen, als Höhepunkt des seit dem 16. Jahrhundert gewöhnlich auf drei Tage zusammengedrängten Karnevals. Im 19. Jahrhundert wurden die Tanzveranstaltungen, Festsitzungen und Maskeraden auf die Zeit vom Dreikönigstag bis zum Aschermittwoch ausgedehnt. Bei uns im Ostallgäu geht die Fasnachts-tradition weit zurück. Die 'GunglhosabendeÓ reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück. Hier trafen sich die Familienmitglieder einschließlich der gestandenen Mannsbilder am Spinnrocken in den Gunggelstuben. Die winterlichen Spinnstuben waren in den Dörfern, Weilern und Einöden des Allgäus ebenso verbreitet wie beliebt und spielten über Jahrhunderte eine bedeutende Rolle im winterlichen Volksleben. Hier sang man Volkslieder, es wurden Sagen und Legenden erzählt. Nicht zu kurz kamen natürlich der derbe Volkshumor und auch der Dorfklatsch. Die 'GunglhosabendeÓ lebten in Schwangau in den 60er Jahren wieder in der Fasnacht auf. Hier wurde der neueste Dorfklatsch und die Begebenheiten aus den Nachbargemeinden auf einer lustigen, satirischen und manchmal auf einer ironischen Weise auf Fasnachtswägen wiedergegeben 'Meist in Form von TheaterstückenÓ, erinnert sich Schwangaus ehemaliger Kurdirektor Georg Grießer. Die Fasnacht selber begann mit dem lumpigen Donnerstag und dauerte sechs Tage bis zum Fasnachtsdienstag an. Am letzten Tag fanden auch immer die Fasnachtsumzüge statt. 'Holzmasken waren bei uns nicht verbreitet. Man maskierte sich als Hexe oder RäuberÓ, so Georg Grießer. Einen Prinzen und Prinzessin sowie die Garde waren im Ostallgäu nicht üblich. Diese Tradition stammt von den Rheinländern, die sie mit ins Allgäu nach dem 2. Weltkrieg brachten. Einen starken Einfluss übten auch die vielen Künstler aus, die auf den Schlössern beschäftigt waren, erzählt der ehemalige Kurdirektor Schwangaus. Ältere Bürger werden sich vielleicht noch an den Holzerball erinnern dem Vorläufer der Gunglhosen. Meist wurde beim Holzerball, die gesamte Zeche von den Sägewerksbesitzern und Fuhrleuten, die auch die Veranstalter waren, übernommen.