Memmingen/Mindelheim (kth). Wegen Dienstflucht ist ein 24-jähriger Mann aus Mindelheim nun vom Memminger Amtsgericht zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss der in Augsburg studierende Angehörige der Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, hatte er im vergangenen Jahr den ihm zugewiesenen Zivildienstplatz in einem Ottobeurer Pflegeheim nicht angetreten und sich damit zum so genannten Totalverweigerer erklärt. Seine Religionszugehörigkeit und sein Gewissen verböten ihm den Dienst an der Waffe, begründete er sein Verhalten. Er wehre sich grundsätzlich nicht dagegen, alte Menschen zu pflegen. Aber da der Zivildienst ein Teil des Wehrdienstes sei und der Überwachung der Wehrpflicht unterliege, könne eine mittelbare Mitwirkung an Tötungshandlungen (wie beim Bau von Verkehrswegen für Truppen- und Waffentransporte oder beim Einsatz im Luftschutzdienst) nicht ausgeschlossen werden.
'Der Tragweite bewusst'
Der Verteidiger wies in seinem Plädoyer auf eine Ungleichbehandlung hin. In seiner Religionsgemeinschaft sei der 24-Jährige vorbildlich aktiv und nehme die Funktion eines Dienst-Amtsgehilfen wahr. Dies entspreche im Grunde der Funktion des Diakons in der katholischen und evangelischen Kirche. Letztere seien aber von der Wehrpflicht entbunden. 'Mein Mandant war sich der Tragweite seines Handelns voll bewusst', sagte der Verteidiger. Er habe bereits bei der Musterung auf seine persönliche Einstellung hingewiesen und nicht über Hintertürchen versucht, sich der Wehrpflicht zu entziehen. Es bedürfe einer verfassungsrechtlichen Änderung, um den Wehrdienst vom Zivildienst zu trennen.
Der Richter hatte bereits zu Beginn der Hauptverhandlung darauf hingewiesen, dass Dienstflucht, sprich: Totalverweigerung, immer noch strafrechtlich relevant und entsprechend zu bewerten sei. In seiner Urteilsbegründung stützte er sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1989, worin die Zulässigkeit von Zivildienst als Ersatz für den Wehrdienst unter dem Oberbegriff der Wehrpflicht bekräftigt wurde.
Als positiv für den Angeklagten wertete er, dass dieser nicht versucht habe, sich über eine Zurückstellung der Sache zu entziehen, sondern zu seiner religiösen Einstellung gestanden habe. Er habe sich aber ungerechtfertigterweise Vorteile gegenüber den 'gezogenen' Wehrpflichtigen verschafft.