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Torjäger und Rauhbein

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    Torjäger und Rauhbein
    Torjäger und Rauhbein

    Einst standen die Gönner der Sportart Eishockey in Memmingen auf Eisplatten im Freien, um sich beim SCM Spieler wie Bob Bailey, Rob Reid oder Peter Swirski anzuschauen. Unvorstellbar für jene, die sich heute in der Eissporthalle auf ein warmes Kissen setzen, um Martin Löhle, Dale Crombeen oder Klaus Micheller zu beklatschen. Seit der Saison 1956/1957 wird in der Stadt Eishockey gespielt. Fünf Jahrzehnte, an die die Memminger Zeitung bis zum Ende der Spielrunde 2006/2007 mit kleinen Geschichten in loser Folge erinnern möchte. Heute erscheint Teil 3: Stephane Thivierge.

    Name: Stephane Thivierge. Geboren: 1966 im kanadischen Thedford. Maße und Gewicht: 1,82 Meter, über 80 Kilogramm. Besondere Merkmale: Torjäger und Strafbankkönig. Nackte Zahlen, die sicher einen Eishockey-Spieler grob vorstellen können, einen Menschen wirklich zu beschreiben, das vermögen diese Zahlen nicht. Bei Thivierge, der in der Saison 1992/93 beim Zweitligisten SC Memmingen mit 14 Toren Akzente setzte, fiel eine Einstufung selbst beim zweiten Blick nicht leicht. Wer war dieser Thivierge? Böser Bube, der sein halbes Eishockey-Leben auf der Strafbank verbrachte? Ein Akteur, der Verletzungen seiner Gegenspieler billigend in Kauf nahm? Wolfgang Nieder, damals Vorsitzender und auch Obmann des SCM, erinnert sich an den Kanadier, der heute in seiner Heimat lebt und dort als Trainer fungiert: 'Stephane war ein ganz netter Kerl.' Ein liebenswerter Mensch gar sei er gewesen, mit dem es sich habe gut plaudern und viel lachen lassen. In Memmingen fühlte sich Thivierge anno 1992 sehr wohl. Die Stadt gefiel ihm, das Stadion sowieso und auch das Publikum. Und das, obwohl den SCM-Fans zuvor - als Thivierge für den EV Ravensburg stürmte - schon der Kamm schwoll, wenn der Kanadier zum Aufwärmen aufs Eis fuhr. Einen Rambo schimpften sie ihn, der rot sieht, sobald er zum Eishockey-Schläger greift. Ausgerechnet der sollte dem SCM helfen?

    Nicht wenige vermuteten, dass Thivierge seinerzeit zu Pillen griff. Ein Indiz könnte das Duell zwischen dem SC Memmingen und dem EV Ravensburg am 14. Januar 1990 gewesen sein. Es war jene Partie, die wegen eines Stromausfalls eine Stunde später begann. Thivierge agierte nur bis zum bösen Foul gegen SCM-Torwart Dietmar Habnitt aggressiv, blieb dann im Spiel aber auffallend zahm. Thivierge, spekulierten Insider, könnte irgendwas geschluckt haben, was zunehmend an Wirkung verlor. Wie dem auch sei, der SCM verpflichtete den Intimfeind später dennoch.

    Und siehe da: Thivierge spielte sich in die Herzen der Fans. Der Rambo avancierte zum Publikumsliebling. Und so bekam Wolfgang Nieder in der Saison 1993/94 richtig Ärger mit den Fans, als er mit Brad Belland und Rick Erdal zwei Ausländer mit gutem Ruf in die Stadt lotste. Für Thivierge bedeutete das nämlich, dass er fortan die Bank drücken und auf einen deutschen Pass warten musste; auf den hoffte er, weil er mit einer Deutschen verheiratet war. Zum Einsatz kam er nicht mehr - der SCM meldete zuvor Konkurs an. (schi)

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