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Tiere schützen, die aus der Mode sind

Unterjoch / Allgäu

Tiere schützen, die aus der Mode sind

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    Hühner der Rasse Bergischer Schlotterkamm waren über Hunderte von Jahren als Eierlieferanten beliebt. Doch dann kamen neue, produktivere Rassen in Mode. Jetzt leben noch rund 200 Bergische Schlotterkämme in Deutschland. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) stuft sie daher als extrem gefährdet ein - ebenso wie rund 90 andere Nutztierrassen. Sechs davon leben auf dem Hof der Familie Beißwenger in Unterjoch, wo die GEH am heutigen Samstag - initiiert vom Bio-Ring Allgäu - eine Regionalgruppe Allgäu gründet.

    "Viele bedrohte Nutztierrassen sind gefährdeter als Sibirische Tiger", vergleicht Eric Beißwenger. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Teil davon zu erhalten und züchtet braune Bergschafe, Schwäbisch-Hällische Schweine, Bronzeputen, bayerische Landgänse, Vorwerkhühner und dunkle Bienen. Damit setzt er sich für mehr als drei gefährdete Rassen ein und das macht seinen Hof zum einzigen von der GEH anerkannten Archehof im Allgäu.

    Er will diese Rassen erhalten, weil "wir eine nachhaltige Landwirtschaft brauchen und nicht nur Tiere, die zum Beispiel über begrenzte Zeit Hochleistung bringen sich aber selbst nicht mehr reproduzieren können". Das führe die Bauern in Abhängigkeiten von Konzernen und schmälere die Rassenvielfalt. Zudem seien Hochleistungs-Nutztiere oft krankheitsanfälliger, erklärt Jochen Koller, Vorstandsmitglied des Bio-Rings und Initiator der GEH-Regionalgruppe.

    "Tiere, die nicht nur auf Fleisch- oder Milchleistung gezüchtet werden, sind robuster", sagt er. Sie sind mitunter besser für ein Leben im Freien gewappnet und noch in der Lage, alleine Nachwuchs zur Welt zu bringen.

    Durch solche Voraussetzungen eignen sie sich zum Beispiel besser als Landschaftspfleger im Gebirge und dafür könnte man sie laut Koller in der Folge des Bauernsterbens zunehmend einsetzen. Außerdem sind "viele alte Rassen - etwa mehrfarbige Schweine - dekorativer als neue. Und sie machen die Archehöfe zu Freilichtmuseen", erläutert das Bio-Ring-Vorstandsmitglied. "Das kann Touristen anlocken."

    Der ökonomische Nutzen dagegen steht bei den alten Rassen kaum im Vordergrund, sagt Beißwenger. "Bei Wollschweinen zum Beispiel muss man Idealist sein. Sie sind sehr fett und schwer zu vermarkten." Bei anderen Tieren sei das zwar leichter. Trotzdem sei die Zucht der alten Rassen eine Nische. Schließlich sind die meisten von ihnen vom Aussterben bedroht, weil sie nicht mehr den Verbrauchergewohnheiten entsprachen. "Die Erhaltung der alten Rassen kann aber auch eine Alternative für Landwirte sein", so Beißwenger.

    Unter anderem darüber soll die GEH-Regionalgruppe Allgäu informieren. "Eines unserer Ziele ist, den Erfahrungsaustausch zu fördern", sagt Koller. Weiter sollen die alten Rassen durch Öffentlichkeitsarbeit bekannter gemacht und ihr Nutzen durch Vermarktungsstrategien gefördert werden.

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