Marktoberdorf/Buchloe(har). - Unwissenheit schützt vor Strafe nicht - dies gilt auch fürs Bahnfahren und insbesondere für eine Fahrt mit dem Bayern-Ticket: Wer Montag bis Freitag mit dem Einsteigen nicht bis 9 Uhr und damit bis zum Gültigkeitsbeginn des Tickets wartet, für den kann es richtig teuer werden. Mit der Kulanz des Schaffners oder Kontrolleurs kann der Bahnkunde jedenfalls nicht rechnen. 8.51 Uhr, Bahnhof Marktoberdorf. Die Regionalbahn RE 21077 aus Füssen setzt nach einem kurzen Halt ihre Fahrt in Richtung Buchloe fort. Und schon beginnt ein Prüfer seinen Rundgang. 'Ihre Zusatzfahrscheine', fordert er eine Gruppe von acht Lechbruckerinnen auf, die sich mit dem Bayern-Ticket einen schönen Tag in Augsburg machen wollen. Die Frauen gucken sich und ihn verständnislos an: Sie haben kein Zusatzticket bis Biessenhofen für die Fahrzeit vor neun Uhr gelöst - und sind damit Schwarzfahrer. In barschem Tonfall verlangt der Prüfer die Personalausweise: Zwei Frauen ohne Papiere stellt er grimmig die Begegnung mit dem Bundesgrenzschutz in Augsburg in Aussicht. Abgesehen vom Ton und Auftreten: Der Kontrolleur tut nur seine Pflicht, wenn er die Schwarzfahrer zur Kasse bittet: 40 Euro 'Strafe' pro Person plus 3,30 Euro (einschließlich 'Bord-Zuschlag') bis Biessenhofen - macht im Falle der acht Lechbruckerinnen insgesamt 346,40 Euro. 'Das ist ein Härtefall, aber die Zugbegleiter haben wirklich keinen Kulanzspielraum', kommentiert Franz Lindemair, Sprecher der Deutschen Bahn Bayern, den Fall auf Anfrage unserer Zeitung. Dass die Informationspflicht bei den Fahrgästen liegt, sehen auch die Lechbruckerinnen ein.
Doch sie finden, dass die Bahn bei den Einstiegszeiten kurz vor 9 Uhr warnen oder auffälliger über die Bayern-Ticket-Regelungen informieren könnte. 'Am Automaten oder an anderen Stellen am Bahnhof finden sich keine Hinweise, was man machen soll, wenn ein günstiger Zug kurz vorher abfährt', klagt eine der Betroffenen, Roswitha Lohwasser. Man könne am Bahnhof niemanden mehr fragen. Der Schalter sei weg, und der Fahrkartenstand im 'Kaufmarkt' öffne erst um 9 Uhr. An einigen Bahnhöfen wird den Fahrgästen über Durchsagen oder an Anzeigetafeln mitgeteilt, dass das Bayern-Ticket bei bestimmten Zügen nicht gültig ist. 'Dies haben wir dort eingeführt, wo es häufig Probleme gegeben hat', sagt Lindemair. Bisher seien aus Marktoberdorf nie Beschwerden eingegangen. Am Buchloer Bahnhof würden Kunden, die ihr Bayern-Ticket vor 9 Uhr kaufen, vom Personal extra auf den eingeschränkten Gültigkeitszeitraum hingewiesen, heißt es am hiesigen Schalter. Aber auch auf der Fahrkarte selbst sowie auf einem großen Plakat stünden entsprechende Informationen. Der Kontrolleur belegte im RE 21077 an jenem Morgen insgesamt 14 zugestiegene Fahrgäste mit je 40 Euro Bußgeld. Darunter befand sich auch die Marktoberdorferin Ilknur Cakirogullari, die nach eigenen Angaben nur alle paar Jahre mit der Bahn fährt. Mit zwei Söhnen begleitete sie ihren Mann zum Münchener Flughafen und zahlte letztlich 160 Euro Strafe: 'Wenn da am Bahnhof irgendein Hinweis gewesen wäre wegen eines Zusatztickets', klagt sie, 'hätten wir das doch gern bezahlt.' In Härtefällen rät Franz Lindemair dazu, die Entscheidung des Prüfers von der Kundenbetreuung der Bahn überprüfen zu lassen. Zum Wunsch der Marktoberdorfer Bayern-Ticket-Fahrgäste nach Kennzeichnung der 'kritischen' Züge versprach er: 'Wir werden den Bedarf in Marktoberdorf überprüfen und gegebenenfalls handeln.'