Tausende säumten die Straßen und Plätze der Innenstadt, um am Samstag den bereits traditionellen Umzug der Faschingsgilde Rottach zu bestaunen. Es hexte, teufelte und clownte gewaltig unter den 58 Vereinen, die mit ihren 78 Gruppen die Allgäu-Metropole zum fröhlichen Tollhaus machten.
"Die schneidigen Guggenmusiker und die wunderschönen Kostüme" gefielen der Altusriederin Edith am besten. Die 74-jährige, am Valentinstag geborene Rentnerin ist nach wie vor ein großer Faschingsfan. Als "Disco-Girl" wird sie zum Ende der Narrenzeit mindestens fünf Bälle besucht haben.
Eher Faschingsmuffel war ein junges Kemptener Paar. Aber seit die elfjährige Tochter Melanie in der Nachwuchsgarde der Faschingsgilde Rottach tanzt, hat sich alles schlagartig geändert. Nun standen sie am Faschingssamstag maskiert am Straßenrand und bewunderten die "brutale Vielfalt" des Umzugs.
Andersrum war es bei Familienvater Steffen aus Nersingen. Er hat seine Tochter Lilly einfach dem Hofstaat "einverleibt" - freilich ohne Gegenwehr. Denn dass sich die Achtjährige im geradezu "fürschtlichen Häs" wohlfühlt, bedurfte keiner Hellseherei. Papa ist schon zum vierten Mal in Kempten. "Ich fühle mich hier einfach wohl, und wir sind ja mit 170 Leuten da", betonte der Nersinger.
Vom hohen Wagen der heimischen "Westside-Farmer" gackerten die "Hühner", während die Hexen der Rottachgilde nicht damit geizten, den einen oder anderen Zuschauer mit einer Konfetti-Staubwolke einzudecken. Allerdings: Nicht unter jeder wilden Hexenmaske verbirgt sich eine Frau. Nur wollte sich die Wasserburger Feuerhexe Tobias nicht als Mann outen lassen. "Stinkesauer" war er deshalb, als die beiden Hexenkinder Florian und David seinen Vornamen verrieten.
Von all diesen Umtrieben unbeeindruckt lag die zehn Monate alte Johanna im Himmelsbett eines Beiwagens - mitten im Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Kempten. Mutter Isabella lobte ihr braves Kind und war sich mit ihren Freundinnen Christina, Anja und Regina einig: "Den Umzug hat die Faschingsgilde wieder richtig gut organisiert." Auch Narrenpräsident Horst Bräuninger fand den Gaudiwurm "ganz einfach toll" und spendete den 900 Akteuren reichlich Beifall. (mr)