Das Szenario ist erschütternd: Ein umgestürzter Bus liegt auf der Fahrbahn, dichter Rauch dringt aus dem Motor, Hilfeschreie gellen durch die Luft. 40 Menschen sind verletzt, eingeklemmt im Bus oder liegen auf der Straße.
Diese Situation war Ausgangspunkt für eine Katastophenschutzübung am Freitagabend im Rohrach. 250 Einsatzkräfte trainierten dort den Ernstfall.Katastrophenschutzübungen sind Pflicht für Behörden und Feuerwehren. Alle drei Jahre sind sie fällig. Diesesmal geht es um einen Busunfall in einer scharfen Kurve des Rohrach. "Das ist realistischer als anzunehmen, dass in Lindau ein Flugzeug abstürzt und gleichzeitig in Röthenbach ein Großbrand ausbricht", erklärt Kreisbrandrat Friedhold Schneider, warum das Geschehen auf einen Ort konzentriert wird.
Eine Wehr allein ist überfordert
Der Unfall könnte so oder so ähnlich tatsächlich geschehen. Ein vollbesetzter Reisebus kippt in einer Haarnadelkurve des Rohrach um. Die Leitstelle Allgäu alarmiert die Einsatzkräfte. Als erstes trifft die Feuerwehr Niederstaufen mit Kommandant und Einsatzleiter Markus Elbs am Unfallort ein. Die Helfer beginnen, die Menschen aus dem Fahrzeug zu retten, löschen den qualmenden Bus.
Die Niederstaufener Wehr allein ist mit einem Unfall dieser Größe überfordert. Fünf weitere Feuerwehren, das Technische Hilfswerk (THW) und Kräfte des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) werden angefordert und treffen nach und nach an der Unfallstelle ein. Rund 250 Einsatzkräfte sind es am Ende.
"Mehr hätten wir in der Enge des Rohrach auch nicht einsetzen können", sagt Friedhold Schneider. In kraftraubender Arbeit holen die Helfer die blutüberströmten Verletzten, gemimt von Feuerwehrlern aus dem Westallgäu, aus dem Bus, lagern sie auf der Fahrbahn und bringen sie zu einem Versorgungszelt des Roten Kreuzes. Weitere Einsatzkräfte sind damit beschäftigt, die unter Schock stehenden Passagiere zu betreuen. Der Ort des Unfalls erschwert den Helfern die Arbeit: Anfahrbar ist die Stelle nur von zwei Seiten.
Rettungshunde suchen Menschen
Ein weiteres Problem zeichnet sich ab: Der Busfahrer ist nicht ansprechbar, die Passagierliste lässt sich nicht lesen. Die Rettungskräfte müssen deshalb annehmen, dass Reisende in Panik in den Wald gelaufen sind, möglicherweise verletzt. Eile tut Not. Die Einsatzleitung fordert die Rettungshundestaffel "St. Georg" aus Lindenberg an. Die Hundeführer haben mit ihren Tieren schnell Erfolg. Drei Personen finden sie in einem Waldgebiet rund einen Kilometer entfernt vom Unfallort.
"Es geht um Menschenrettung, Versorgung der Verletzten und Brandschutz", beschreibt Kreisbrandrat Friedhold Schneider die Aufgabe. Und die Zusammenarbeit der verschiedenen Hilfsorganisationen. Eingebunden ist auch das Landratsamt, die zuständige Behörde in Sachen Katastrophenschutz.
Per E-Mail werden aktuelle Bilder auf Computer ins Landratsamt überspielt.
Mehrere Stunden lang sind die vielen Helfer im Einsatz, eine schweißtreibende Arbeit in der schwülen Abendluft. "Die Einsatzkräfte sind an ihre Grenzen gekommen", sagt Friedhold Schneider hinterher. Er bescheinigt den Helfern eine gute Arbeit: "Alles ist fast drehbuchmäßig abgelaufen". Organisiert hatte die Großübung im Rohrach Kreisbrandinspektor Wolfgang Endres.
Reibungslose Zusammenarbeit
Ein Bild vor Ort machten sich neben Vertretern der Regierung von Schwaben, Bürgermeister Walter Matzner und Hauptmann Harilof Prinz von der Bundeswehr auch Landrat Elmar Stegmann. Sie zeigten sich beeindruckt von der reibungslosen Zusammenarbeit der Einsatzkräfte. (kr)