Vor 25 Jahren wurde der ADFC in Memmingen gegründet. Irene Pohl ist fast ebenso lang dabei und sitzt seit vielen Jahren im Vorstand, weil sie Verkehrspolitik mit dem Verein machen will.
Irene Pohl, die Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Memmingen-Unterallgäu, hat aktuell drei Fahrräder in Gebrauch: ein schon etwas älteres Modell mit Satteltaschen und Körbchen in der Stadt, ein Trekkingrad bei größeren Touren und inzwischen auch ein Pedelec.
Wir sprachen mit der passionierten Radlerin darüber, warum sie sich seit über 21 Jahren im ADFC engagiert, der heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert.
Frau Pohl, warum sind Sie im ADFC?
Irene Pohl: In erster Linie, weil ich mit dem Verein Verkehrspolitik betreiben will. Den Fahrradverkehr im innerstädtischen Bereich voranzutreiben und das Auto zurückzunehmen, ist heute noch mein oberstes Anliegen. Weil das mehr Lebensqualität in unsere Stadt bringt.
Die meisten denken beim Stichwort ADFC wohl eher an das umfangreiche Tourenprogramm.
Pohl: Das stimmt, aber das ist nur die Kür, unser Pflichtprogramm ist die Verkehrspolitik. Aber wir freuen uns natürlich darüber, dass sich unser Radtreff mit über 2700 Teilnehmern im Jahr so etabliert hat. Das findet man in dieser Größenordnung selten. Wir bieten jeden Mittwoch fünf Touren für verschiedene Leistungsgruppen und zusätzlich Wochenend-Touren an. Nur der neue Pedelec-Treff, den ich leite, wird noch nicht so angenommen, wie ich es mir wünschen würde.
Wie hat sich der Kreisverband insgesamt entwickelt?
Pohl: Sehr gut, allein seit 2012 ist der Verein von 450 auf 540 Mitglieder gewachsen.
Konnte der Verein seit 1989 verkehrspolitisch etwas bewirken?
Pohl: Auf jeden Fall - und zwar von Anfang an. Da ziehe ich noch im Nachhinein meinen Hut vor Helene Zeller, die den ADFC Memmingen damals mit einer Handvoll Gleichgesinnter gegründet hat. Dazu kamen viele andere Aktive, die sich verkehrspolitisch engagiert haben. Viele Briefwechsel und Zeitungsausschnitte belegen das. Ich bin überzeugt davon, dass der Stellenwert des Fahrrads seitdem unheimlich gestiegen ist. Früher war das Rad das Verkehrsmittel der Armen, heuteist es das der Intelligenten.
Welche konkreten Erfolge können Sie verbuchen?
Pohl: Ich denke da etwa an die Umwandlung von Buxacher und Augsburger Straße in Fahrradstraßen oder die roten Radweg-Markierungen. Es wurden Einbahnstraßen für Radfahrer geöffnet oder Gefahrenstellen entschärft, wie etwa am Westertor der Übergang vom Radweg auf die Straße. Auch die Bahnunterführung an der Augsburger Straße war eine Maßnahme, an der der ADFC intensiv beteiligt war.
Aber es gibt doch bestimmt noch einiges zu tun?
Pohl: In einem Mängelkatalog, den wir zusammen mit der Polizei regelmäßig erstellen, sind die Stellen verzeichnet, die verbessert werden müssen. Wir hatten vor zwei Jahren eine Fahrradverkehrsschau zusammen mit Vertretern von Tiefbau- und Straßenverkehrsamt, bei der wir diese Stellen begutachtet haben. Danach wurde manches verbessert, aber es gibt auch noch ein paar Dinge, die nicht erledigt sind.
Zum Beispiel?
Pohl: Ein Beispiel ist die Radwegführung von Trunkelsberg nach Memmingen, bei der die Radfahrer nach links durch die Unterführung geleitet werden anstatt nach rechts über die Papiermühle. An anderen Stellen, wie etwa der viel zu schmalen Kurve am Radweg durch die Luitpold-Unterführung, gestalten sich die Lösungen schwieriger. Manchmal gibt es auch keine befriedigende Lösung, wie in der Oberbrühlstraße, wo ein Radweg wichtig wäre, aber nicht möglich ist.
Das hört sich alles nach langwierigen Verhandlungen an.
Pohl: Verkehrspolitik braucht einen langen Atem, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Die Zusammenarbeit mit der Stadt ist wirklich gut, aber in der Umsetzung würde man sich manchmal mehr Tempo wünschen. Leider hat der ADFC keinen Sitz im Verkehrsbeirat, denn unser Wissen und unsere Erfahrungen könnten sicher bei manchen Entscheidungen hilfreich sein.
Und wie steht der ADFC zur Helmpflicht für Radler?
Pohl: Wir begrüßen das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juni sehr, das Tragen eines Helms muss der freie Wille jedes Einzelnen bleiben. Die Sicherheit von Radlern liegt nicht am Helm, viel wichtiger sind eine gut gepflegte, sichere Rad-Infrastruktur und vorausschauende, rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer. Das gilt für alle: Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger.