"Internetspielsucht - wenn Online die Realität Offline geht" lautete der Titel des ersten Vortrags zum Auftakt der Tage der seelischen Gesundheit, der in der Staatlichen Realschule in Kempten stattfand. Fazit: Ohne Computer gehe es für Schule und Kommunikation untereinander nicht. Aber "der Umgang muss realistisch bleiben," hieß es von den Referenten, Dr. Martin Sobanski, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie in Kempten sowie Psychologin Brigitte Fuhrmann
Die Internetspielsucht gehöre zwar nicht zu stoffgebundenen Süchten wie Alkohol, Drogen und Medikamente, sei aber in ihrer Auswirkung gleichfalls dramatisch und müsse behandelt werden. Gefährdet seien insbesondere Jugendliche im Alter um 15 Jahren, "wenn sie im echten Leben keine Erfolge haben", so Martin Sobanski.
Auswirkungen nicht absehbar
Vor 20 Jahren mit dem Einstieg ins "world wide web" habe man die Auswirkungen des Internets noch gar nicht absehen können, so der Referent. Inzwischen stünden Computer und Fernsehen in 71 Prozent der Jugendzimmer, 51 Prozent hätten laut einer repräsentativen Umfrage sogar einen eigenen Internetanschluss", so der Facharzt. Genutzt werde das Internet zu 71 Prozent zum Austausch von elektronischen Nachrichten, zu 47 Prozent für E-Mails, aber auch zu 19 Prozent für Netzspiele.
Das größte Suchtpotential hätten Online-Spiele wie "World of Warcraft", das weltweit 11,5 Millionen Spieler anlocke. 36,3 Prozent davon seien Exzessivspieler, die durchschnittlich 4,5 Stunden spielen. 8,5 Prozent sind abhängig.
Dabei gehe es nicht in erster Linie um Gewalt, sondern um die Belohnung oder auch wie ein Jugendlicher meinte, der an dem Vortrag teilnahm: "Mich reizt es, in eine andere Rolle zu schlüpfen."
Eindrucksvoll demonstrierte Psychologin Brigitte Fuhrmann mit einer Videofrequenz und zwei Fallbeispielen aus der Praxis, wie Spielsüchtige sich entwickeln: "Die Gewalt ist nicht die eigentliche Gefahr. Es ist mehr der immer höher werdende Zeitaufwand.
" Alles andere werde zugunsten des Spiels vernachlässigt, Essen und Schlafen würden reduziert, auf Störungen reagieren die Jugendlichen aggressiv. "Die Stecker-Rauszieh-Methode ist wie kalter Entzug", so die beiden Experten. Eltern sollten Konsequenz zeigen, Interesse daran, was ihre Sprösslinge tun und vielleicht alternative Angebote machen.