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Stammplatz in Hamburg statt Bank in München

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Stammplatz in Hamburg statt Bank in München

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    Von unserem Mitarbeiter Christian Schreiber, Memmingen/Hamburg - A7 Richtung Hamburg: Am Steuer sitzt Otto Grießemer, daneben Tochter Katharina, die früher beim FC Memmingen Fußball spielte und es bis in die U19-Nationalmannschaft geschafft hat. Im Radio dudelt Musik, unterbrochen von den ellenlangen Meldungen über noch längere Staus zum Ferienbeginn. Jede Menge Zeit für Katharina Grießemer, über die vergangenen Tage nachzudenken: die souveräne Vorrunde mit der deutschen Mannschaft bei der Europameisterschaft in Ungarn und dann die unerwartete 1:3-Niederlage im Halbfinale gegen Russland.

    'Wir waren nicht clever genug' 'Man kann es nicht ändern, wir waren die schlechtere Mannschaft,' sagt die 19-Jährige. Am Tag nach dem Russland-Spiel musste sie früh morgens ihre Koffer für die Heimreise packen, aber den Ärger über die Niederlage hat sie im Hotelzimmer zurückgelassen. Deshalb kann sie jetzt ganz nüchtern analysieren, dass die langen Wege im Halbfinale zu viel Kraft gekostet haben und das deutsche Spiel nicht variabel genug war. Kurz: 'Wir waren nicht clever genug.' War der Druck der deutschen National- Trainerin Maren Meinert zu hoch, die ihr Team vor Turnierbeginn schon im Finale gesehen hatte? 'Nein,' sagt Katharina Grießemer, 'unsere Ansprüche sind so hoch.' Ihre persönlichen auch. Schon in jungen Jahren beim FCM galt die Mittelfeldspielerin als sehr ehrgeizig. Da schmerzt es natürlich, wenn man im EM-Halbfinale erst nach 85 Minuten den Trainingsanzug ablegen darf. 'Aber das muss man akzeptieren, wir haben gute Leute.' Vor der EM war Katharina Grießemer gesetzt. Elf Tore in 26 Spielen für die Nationalmannschat - die beste Bilanz im ganzen Team. Doch schon in der Vorrunde durfte sie nur einmal über 90 Minuten ran - beim 3:1-Sieg gegen Finnland, wo sie auf ganzer Linie überzeugte. Aber: Künstler sind nicht (mehr) so gefragt. Auch im Frauen-Fußball rücken die Tugenden deutscher Männerteams immer weiter in den Mittlepunkt. 'Ich bin eher der technische Typ, im Moment sind aber eher Schnelligkeit und Kraft gefragt,' sagt die Ex-Memmingerin und denkt schon an die nächsten Termine im Kraftraum, um ein bisschen Boden gut zu machen.

    Fahrplan schon im Kopf Ihren neuen Fitness-Raum muss die 19-Jährige noch suchen - auf dem Gelände des HSV. Mehr als ihre Vorstadt-Wohnung, die sie gerade mit Möbel füllt, hat sie von Hamburg noch nicht gesehen. Irgendwo im Kopf von Katharina Grießemer spuken noch ein paar Bilder rum von einem Urlaub in der Hansestadt vor vielen Jahren. 'Hier oben lässt sich's leben. Ich freu mich drauf.' Nach zwei Jahren beim Bundesliga-Konkurrenten Bayern München hat sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als einen Wechsel nach Hamburg. Das selbe Lied wie in der Nationalmannschaft: 'Die Bayern-Trainerin hat immer mehr auf kraftvolle und schnelle Spieler gesetzt.' Und Katharina Grießemer auf die Bank. Den Fahrplan für Hamburg hat Grießemer schon im Kopf: Stammplatz , Rang vier oder fünf in der neuen Saison und über kurz oder lang im Konzert der Großen mitspielen. 'Wir wollen ganz nach oben,' sagt die 19-Jährige, als sich Radio-Musik und Motorenlärm plötzlich mit dem klickenden Blinker vermischen. Nicht mehr weit bis zur Ausfahrt Hamburg.

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