Als "wahre Ikone des europäischen Jazz" wurde er angekündigt. Was Bobo Stenson wohl selbst zu diesem Titel sagen würde? Jedenfalls erwies sich der Heiliggesprochene bei seinem Auftritt im Memminger Kaminwerk als spielwitziger Klavier-Kauz.
Die Töne wurden sparsam gesetzt an diesem Abend und durchaus zelebriert. Anders Jormin hatte allen Platz der Welt, um seine sonoren Linien auszubreiten. Hier war der Bass nicht Sekundant des Klaviers, nicht Steigbügelhalter für den Pianisten. Absolut auf Augenhöhe musizierten die beiden Weggefährten.
Dezent und durchsichtig, meist mit den Besen, untermalte der junge Jon Fält am Schlagzeug. Ab und zu hätte er freilich den alten Herren schon etwas Zunder geben, mehr Feuer unterm Hintern machen können. Aber wie man hier gewichtet, ist letztlich Geschmacksache. Genauso wie der Klang des absichtlich demolierten Ride-Beckens und der extraflachen, trockenen Snare-Drum. Solche Utensilien sorgen für spröden, geräuschhaften Schlagzeug-Charakter. Interessant und anders, aber manchmal fehlt doch die satte Tragfähigkeit.
Zentrum des Trios
Diese Rolle übernahm Anders Jormin, dessen Bass in jeder Nuance präsent war. Für mich war er das Zentrum dieses Trios, wurde sozusagen von Klavier und Drums "gefeatured". Dafür bedankte er sich und füllte mit melodischem, singendem Spiel sein weites Territorium bis in den letzten Winkel. Auch als Stückeschreiber war Jormin in der Hauptrolle.
Bobo Stenson selbst nahm sich zurück (was ja auch eine Leistung ist). Doch das, was er spielte, saß. Kein skandinavischer Schmuse-Jazz. Herb, spröde, und irgendwie trotzdem innerlich-meditativ klang sein Stil. Fragmente wurden in den Raum gestellt, eher Fragen gestellt als Antworten gegeben. In humorvoller Zerbrechlichkeit vergnügten sich die drei, vertrauten den leisen Tönen und ließen sich immer wieder von sich selbst überraschen.
Dass sie um ihr Leben gespielt und gegroovt hätten, das kann man nicht gerade behaupten. Aber der entspannte und ehrliche Trialog hatte auch seinen Charme. Es müssen ja nicht immer die lodernden Flammen sein. Auch die glühenden Kohlen erzählen eine Geschichte.