Marktoberdorf Marktoberdorf ist vom 12. bis 15. Juni Theaterhauptstadt Schwabens. Zum zweiten Mal nach 2006 finden hier die Schwäbischen Theatertage unter dem Titel 'Obacht!' statt. Ihr Ziel ist es, Laienschauspielern und Theaterbegeisterten neue Impulse zu geben. Vitalis Held unterhielt sich darüber mit den Organisatoren der Theatertage, Monika Schubert (seit 25 Jahren Leiterin der Marktoberdorfer Theaterschule 'Mobilé') und dem Amateurtheaterberater beim Bezirk Schwaben, Dr. Sebastian Seidel.
Welchen Stellenwert hat das Laientheater in Schwaben?
Seidel: Schwaben hat die höchste Dichte an Theatergruppen in Deutschland. Rund 500 Gruppen sind beim Bezirk registriert, es dürften aber sicher 600 Gruppen mit durchschnittlich 20 Mitgliedern sein, die alljährlich ein neues Stück einstudieren und mehrfach vor vollem Saal aufführen. Es gibt aber auch semiprofessionelle Bühnen wie die Freilichtspiele in Altusried, wo Tausende Zuschauer im Publikum sitzen. Hinzu kommen noch zahlreiche Schultheatergruppen.
Warum treibt es so viele Schwaben auf die Bühne?
Schubert: Ich glaube es ist ein Urtrieb der Schwaben zu spielen. Das gehört zu den Dörfern wie die Blaskapelle, der Pfarrer und der Lehrer, der ja oft Regie führt.
Das Theater ist also trotz der Konkurrenz von Fernsehen, professionellen Bühnenshows und Kino nicht tot?
Schubert: Nahsehen ist immer besser als Fernsehen.
Seidel: Durch die Medienüberflutung wächst sogar das Bedürfnis nach Live-Erleben. Ich spüre bei vielen den Wunsch nach Unmittelbarkeit, selbst aktiv zu werden.
Was steht auf den Spielplänen?
Seidel: Das Programm verändert sich momentan sehr stark. Früher stand mehr das Bauerntheater auf dem Programm. Nun wendet man sich Boulevardstücken zu, die auch gesellschaftliche Themen aufgreifen. Früher wurden sehr oft oberbayerische Komödien ins Schwäbische übersetzt. Nun haben wir mehr schwäbische Eigenproduktionen. Für Freilichtaufführungen sind nach wie vor Klassiker wie Romeo und Julia von William Shakespeare beliebt.
Wie wichtig ist das Laientheater für die Mundart?
Schubert: Der Dialekt ist eine ganz besondere Farbe im Theater. Er vermittelt viel Atmosphäre. In meiner Theaterschule sind manche richtig stolz, wenn sie Dialekt sprechen können. Das weckt dann den Neid der anderen, die ebenfalls Dialekt sprechen möchten.
Wie sieht es an den Schulen aus?
Seidel: Durch den zunehmenden Druck beispielsweise im achtstufigen Gymnasium bleibt weniger Zeit für das Theater. Das beobachten wir auch an den Unis und Hochschulen.
Schubert: Gleichzeitig soll aber Theater zum Wahlpflichtfach werden. In Erlangen gibt es bereits einen eigenen Studiengang zum Schulspiel. Und ab Juli werde ich selbst als Dozentin an der Uni Augsburg einen Kurs anbieten. Dass das Schulspiel-Seminar bereits ausgebucht ist, zeigt den Bedarf.
Welche Bedeutung haben Angebote wie die Theatertage?
Seidel: Anliegen ist es, neue Ideen einzubringen, Impulse zu geben. Bei vielen Theaterspielern gibt es das Bedürfnis, sich weiterzubilden und so die Qualität der Gruppe stetig zu verbessern. Es sollen auch Theaterneulinge angesprochen werden.
Schubert: Das Programm ist so ausgerichtet, dass es alle Altersstufen anspricht. Theater funktioniert generationsübergreifend - hier bist du nie in einer Altersklasse, sondern nur reif für eine andere Rolle.
Warum finden die Theatertage erneut in Marktoberdorf statt?
Seidel: 2006 hat es hier sehr gut geklappt. Das Konzept mit Aufführungen und Workshops war sehr gut, und das engagierte Team überzeugte uns, so dass wir gerne wieder mit dem Mobilé und der Stadt Marktoberdorf zusammenarbeiten.