Halblech/Pakistan | ves | Einen Dreifach-Erfolg bringt der Halblecher Bergführer Luis Stitzinger vom neunthöchsten Berg der Erde heim: Gipfelbesteigung des Nanga Parbat (8125 Meter) mit der von ihm geleiteten DAV (Deutscher Alpenverein) Summit Club-Expedition, Zweitbesteigung des Mazeno Peak (7145) sowie Schnellbegehung und Erstbefahrung der zentralen Diamirflanke mit Ski.
Hans Kammerlander und Diego Wellig hatten 1990 den Nanga Parbat mit Ski befahren, mussten jedoch einige Male Abseilen und Klettern. Stitzinger hatte während des Routenaufbaus trotz Blankeisfeldern und bis zu 60 Grad Gefälle die Schlüsselstellen ihrer Route bereits befahren, ohne die Ski abzuschnallen. "Ein gelungenes Aufwärmprogramm", nannte er das.
Nach dem Gipfelerfolg der Gruppe aber taute immer mehr Schnee aus der Diamirwand. Also entschied sich Stitzinger mit seinem Seilpartner Josef Lunger zur Überschreitung der Mazeno Ridge, dem längsten Grat eines Achttausenders.
Mit 28 Kilogramm schweren Rucksäcken brachen sie im Alpinstil auf zu über 60 Grad steilen Eisflanken und kombiniertem Gelände auf dem zehn Kilometer langen Schnee- und Felsgrat mit mehr als einem Dutzend Erhebungen über 7000 Metern.
Zwei Tage benötigten sie, um in unwegsamem Gelände den Einstieg zu erreichen. Danach folgte anspruchsvolle Kletterei. Blanke Eiswände, tiefer Schnee, kräftezehrender Bruchharsch und schlechtes Wetter ließen sie nur langsam vorankommen. Am siebten Tag aber standen sie als zweite Seilschaft auf dem Mazeno Peak. Ursprünglich wollten sie den Grat bis zum Gipfel des Nanga Parbat folgen - doch die Essensvorräte waren aufgebraucht und der Schnee zu tief. "Wir waren ausgebrannt, bereits seit einer knappen Woche hielten wir uns über 7000 Meter auf", erzählt Stitzinger. So stiegen sie am nächsten Tag ab.
Nach einigen Tagen Erholung zog Stitzinger erneut los: Nach sechs Stunden erreichte er auf der Kinshofer Route Lager 2, gegen 22 Uhr Lager 3. Danach musste er selbst durch den tiefen Neuschnee spuren. Das kostete Kraft und Zeit. Knapp 300 Höhenmeter unter dem Gipfel musste er sich entscheiden: Würde er weiter aufsteigen, wäre eine Skiabfahrt zu fortgeschrittener Stunde unmöglich, zu groß wäre die Gefahr eines Eisschlags oder einer Lawine in den erwärmten Hängen. Nach 3500 Höhenmetern und 21 Stunden Gehzeit schnallte er sich deshalb die Ski an und begab sich auf die von ihm entdeckte Abfahrtsroute durch die Diamirflanke mit Gletscherspalten und über 50 Grad steilen Hängen. Der 39-Jährige freut sich: "Dieses Mal war es zwar knapp ohne Gipfel. Aber der Nanga Parbat hat eine spektakuläre Abfahrtslinie hinzugewonnen".