Für heftige Meinungsverschiedenheiten in der SPD-Stadtratsfraktion sorgt die Diskussion um eine geplante Gaststätte im ehemaligen LEW-Gebäude, das direkt neben dem Gedenkstein für die einstige Synagoge steht.
Herbert Müller und Dr. Hans-Martin Steiger kritisieren dabei folgende Aussage ihres Fraktionskollegen Thomas Kästle in der MZ: "Das Anliegen, das Areal aufgrund des historischen Hintergrunds nicht für eine Gastronomie zu nutzen, hätte meine volle Unterstützung, wenn die jüdische Gemeinde oder die Deutsch-Israelische-Gesellschaft Anspruch auf das Gelände angemeldet hätte, um dort entweder die Synagoge wieder aufzubauen oder ein kleines Museum zu errichten."
Hierauf antworten Müller und Steiger in einer Pressemitteilung: "Der jüdischen Gemeinde oder der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft diesen Vorhalt zu machen, verdreht die Verantwortlichkeiten in nicht akzeptabler Weise." Denn es seien schließlich Memminger Bürger gewesen, die die Synagoge geschändet, zerstört und abgerissen haben.
"Daraus leitet sich die Verantwortung, die wir Memminger zu tragen haben, für einen angemessenen Umgang mit dem Gelände der ehemaligen Synagoge ab", schreiben die beiden Stadträte und betonen: "Ein respektvoller Umgang mit dem Areal ist das Mindeste, was wir heute zu leisten haben. Wir sind am Zug, nicht jüdische Mitbürger."
"Gründlich missverstanden"
Müllers und Steigers Äußerungen hält Kästle entgegen, dass die beiden seine Aussagen "gründlich missverstanden" beziehungsweise "völlig falsch interpretiert" hätten.
Denn er habe "mit keiner Silbe der jüdischen Gemeinde oder der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft eine Schuld daran zuteilwerden lassen, das Gelände nicht entsprechend würdevoll nutzen zu können". Vielmehr sei es ihm darum gegangen, "dass gerade die in unserer Stadt noch lebenden Juden ein Erstvorschlagsrecht hinsichtlich einer Nutzung des Geländes haben müssen".
Darüber hinaus findet Kästle es nach eigenen Worten "etwas irritierend", dass Müller und Steiger sowie "andere unserer Stadtratskollegen erst jetzt, wo ein Investor das Areal anderweitig nutzen will, Verantwortlichkeiten gegenüber den jüdischen Mitbürgern einklagen". Letztlich ist es in den Augen des SPD-Kommunalpolitikers "geradezu absurd und dreist, mir Schuldvorwürfe den Juden gegenüber in den Mund zu legen".
Über das beantragte Gaststätten-Projekt im einstigen Gebäude der Lechwerke am Schweizerberg werden die Memminger Stadträte voraussichtlich Ende des Monats entscheiden. (vog)