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Sorge über Einschnitte in der Vorsorge

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Sorge über Einschnitte in der Vorsorge

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    Amtsarzt Dr. Ulrich Gutfried scheidet nach über 25 Jahren aus dem Gesundheitsamt aus Lindau (ee). Er ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, hätte die Praxis seines Vaters übernehmen können - und hat es doch vorgezogen, in Staatsdiensten im öffentlichen Gesundheitswesen zu arbeiten: Gut ein Vierteljahrhundert lang war Dr. Ulrich Gutfried Leiter des Gesundheitamtes in Lindau. Jetzt geht er in Ruhestand..

    Der Weg in die Medizin war dem gebürtigen Mannheimer vorbestimmt. Schließlich hatte sein Vater eine eigene Praxis. Nach seiner Facharztausbildung arbeitete Gutfried drei Jahre lang in München als Oberarzt mit behinderten Kindern. 'Das machte durchaus Freude - aber es war auch anstrengend', erinnert sich der knapp 65-Jährige heute. Das war die Zeit, in der Gutfried seine Entscheidung fällte, die Medizin von einer anderen Seite aus zu vertreten: Er wechselte in den Staatsdienst. Nach der Ausbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienst fand Gutfried seine erste Stelle in Fürstenfeldbruck. Dann wurde er im Sommer 1977 an den Bodensee versetzt, wo er am 1. Juni 1978 Leiter des Gesundheitsamtes wurde. Einer der Schwerpunkte seiner Arbeit sollten die Schuluntersuchungen werden - was den Kinderarzt Gutfried freute. Im Vergleich zu früher hat sich der Umfang der vorbeugenden Untersuchungen aber enorm reduziert. 'Damals haben wir nicht nur die Kindergartenkinder auf ihre Schultauglichkeit untersucht', stellt der ausscheidende Amtsarzt fest. Seinerzeit folgten auch noch Nach-Untersuchungen in der ersten und zweiten sowie der fünften und achten Klasse. Schon in den 80er-Jahren fielen die Achtklässleraus dem Vorsorge-Katalog heraus. Mittlerweile beschränkt sich der öffentliche Gesundheitsdienst darauf, nur noch die angehenden Erstklässler zu untersuchen. Und das macht seit 2001 auch nicht mehr der Amtsarzt selbst. Aufklären, vorbeugende Arbeit leisten, das ist in den Augen von Gutfried die Hauptarbeit des Gesundheitsamtes. Auch wenn es seit 1996 kein eigenes Amt mehr ist, sondern eine Abteilung des Landratsamtes. Dass nun von München aus die Ernährungsberatung eingestellt wird, kann er nicht nachvollziehen. Und falls das Personal weiter reduziert werde, müsste die Prävention darunter leiden. Dazu gehört auch die Aids-Aufklärung und Sexualpädagogik. In vielen Schulen haben Burglind Tanz und ihre Kolleginnen präventiven Unterricht gestaltet. Und auch bei Eltern und Lehrkräften musste Aufklärungsarbeit geleistet werden. Etwa in jenem Fall vor über zehn Jahren, als erstmals in Lindau ein HIV-positives Kind eine Grundschule besuchen sollte. 'Kann auch wirklich nichts passieren?', sei er damals bestimmt hundert Mal gefragt worden, erinnert sich Gutfried. Der anonyme Aids-Test im Gesundheitsamt ist ein Angebot, dass nach Gutfrieds Worten sehr rege in Anspruch genommen wird: 'Da kommen pro Jahr zwischen 300 und 400 Fälle zusammen.' Umweltmedizin ist der dritte Punkt, um den sich das Gesundheitsamt kümmern muss. So wurde das Gesundheitsamt zum Beispiel Anfang der 90er-Jahre aktiv, als sich herausstellte, dass Holzverschalungen im Holdereggen-Kindergarten mit PCB-haltigen Mitteln gestrichen waren. Auch in puncto Formaldehyd musste das Gesundheitsamt etliche Untersuchungen vornehmen - 'aber es gab nie erhöhte Werte, es war immer alles im erlaubten Bereich', ist der Amtsarzt froh. Ein Phänomen hat den fast 65-Jährigen allerdings während seiner gesamten Lindauer Zeit begleitet: Läuse. 'Nach denen kann ich jedes Jahr fast meine Uhr stellen', schmunzelt der Mediziner. Spätestens im Oktober gebe es in irgendeiner Schule oder einem Kindergarten Läusealarm. Einmal hat es sogar Gutfried selbst 'erwischt': 'Als ich in einer Apotheke dann nach einem Läusekamm fragte, wichen rund um mich herum alle anderen Kunden zurück', lacht er heute. Der Arzt fügt aber an, 'Läuse sind keine Schande. Eine Schande ist es nur, dann nichts dagegen zu tun.' Dass er sogar zu Fernsehehren gekommen ist, zählt Ulrich Gutfried zu den Episoden am Rande: Mehrere Male war während seiner Amtszeit das Lindauer Gesundheitsamt Ansprechpartner für Themen, die im BR-Magazin 'Die Sprechstunde' erwähnt wurden. Und einmal durfte Gutfried sogar selbst vor die Kamera treten: Als ihn der 'Wettermann' Jörg Kachelmann zu sich ins Studio holte. Über diesen Auftritt amüsiert sich der ausscheidende Lindauer Amtsarzt noch heute.

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