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Soko Speiche jagt die Fahrraddiebe

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Soko Speiche jagt die Fahrraddiebe

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    Von Markus Frobenius, Kaufbeuren - Fahrraddiebstähle werden allgemein als Bagatelldelikte abgetan. 'Aber die Leute sind heilfroh, wenn wir ihr Fahrrad wiederfinden', so ein Ermittler der Kaufbeurer Polizei. Immerhin liegt der Durchschnittspreis der Fahrräder laut Polizeiangaben bei 500 Euro, und die Schadenssumme im Jahr ist somit beträchtlich. Kaufbeurens Polizeiinspektion kann eine hohe Aufklärungsquote vorweisen. So hoch, dass mancher, der nicht damit rechnet, sein gestohlenes Fahrrad je wiederzusehen, mal in den Keller im Fundamt schauen sollte. Vor fünf Jahren wurden in Kaufbeuren rund 275 Fahrraddiebstähle registriert - bei einer Aufklärungsquote von vier Prozent, was vergleichbaren Städten entspricht. Doch im Jahr 2000 richtete die Kaufbeurer Polizei eine Arbeitsgruppe ein, die sich verstärkt mit Fahrraddiebstählen beschäftigen sollte. Die drei Polizisten der Arbeitsgruppe, intern 'Soko Speiche' genannt, sind eigentlich Zivilfahnder für Straßenkriminalität und wollen deshalb nicht namentlich genannt werden. Seit 2000 haben die drei Mitarbeiter der Arbeitsgruppe in mühsamer Kleinarbeit eine eigene Fahrraddatei aufgebaut. 'Die gleichen wir auch mit den umliegenden Gemeinden ab', so einer der Mitarbeiter. Zwar hat sich die Anzahl der Diebstähle seitdem nicht wesentlich verändert: 270 Räder wurden im vergangenen Jahr gestohlen. Doch die 'Soko Speiche' hat inzwischen eine Aufklärungsquote von rund 16 Prozent erreicht und 40 Täter ermittelt. 'Jetzt informieren sich auch andere Polizeidienststellen über unsere Arbeit', sagen die Mitarbeiter. Sie haben festgestellt, dass es in Kaufbeuren kein spezifisches Täterprofil gibt. Versicherungsbetrug oder Beschaffungskriminalität gibt es genauso wie Wiederholungstäter, die mit geklauten Rädern Geschäfte machen wollen. Markant in Kaufbeuren sind allerdings die Betrunkenen: Vornehmlich am Wochenende schlägt diese Tätergruppe in der Altstadt-Peripherie zu. Um bequemer nach Hause zu kommen, schnappen sich dabei diejenigen, die zu tief ins Glas geblickt haben, ein Rad und lassen es dann ein paar Meter vor der eigenen Haustür stehen. Auch 'Tauschaktionen' - ein neues Fahrrad wird geklaut, ein altes dafür dagelassen - sind nach den Erkenntnissen der Arbeitsgruppe nicht selten und kommen an Badeseen oder vergleichbaren Orten vor. Wird das Fahrrad übrigens wieder zurück gebracht, gilt das nach Auskunft der Ermittler juristisch nur als 'unbefugte Ingebrauchnahme', was vor Gericht milder beurteilt wird. Doch meist liegt wohl der Badesee zu weit weg oder können sich die Betrunkenen am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern, wo sie ein Rad haben mitgehen lassen.

    Genauer Blick lohnt gelegentlich Darüber hinaus gibt es manch einen Täter, bei dem es sich lohnt, aufmerksamer hinter die Kulissen zu schauen. Den Ermittlern fallen nämlich bei Anzeigen oder Fallschilderungen hin und wieder Ungereimtheiten auf, was manchmal der Anfang zur Aufklärung weiterer Straftaten ist. So entdeckten sie schon Drogen oder Diebesgut bei Fahrraddieben. Einmal nahmen sie auch wegen einer Fahrraddiebstahl-Anzeige ein Pärchen fest, das ausschließlich von Kaufhausbetrug lebte. Kommt es zur Anzeige und nachfolgend zur Gerichtsverhandlung, werden leichte Fahrraddiebstähle wie Ladendiebstähle geahndet. Knackt der Täter aber ein Sicherheitsschloss, gilt das als schwerer Diebstahl. Nur selten endet eine Verhandlung mit Freispruch. Die jährliche Schadenssumme liegt aber auch wesentlich höher als bei den so genannten 'Entwendungsschäden bei Autos', wie die Arbeitsgruppe ausgerechnet hat. Dabei geben viele Leute erst gar keine Anzeige auf, weil sie keine Hoffnung auf Aufklärung ihres Falles haben. Doch die 'Soko Speiche' verweist darauf, dass allein im Fundkeller der Stadt zwischen 50 und 100 Fahrräder stünden. Dorthin bringt die Polizei jene Räder, deren Besitzer nicht ermittelt werden konnten. Wer sein Vehikel vermisst, der solle ruhig mal ein Blick dort hinein werfen, raten die Ermittler. Jetzt, da die Fahrradsaison beginnt, wechseln wieder viele Räder unfreiwillig ihre Besitzer - wie immer im Frühjahr verzeichnen die Polizisten einen geradezu 'sprunghaften Anstieg.' So mancher Besitzer stellt beim Blick in den Keller im Frühjahr zu seiner Verblüffung fest, das sein Rad nicht mehr vorhanden ist. Falls das Rad noch da ist, wird empfohlen, es zwischen den Fahrten immer abzusperren, und zwar mit einem möglichst guten Schloss an einem befestigten Gegenstand. Außerdem sollten dringend die Rechnung aufgehoben und die Rahmennummer aufgeschrieben werden. Wird das Fahrrad trotzdem geklaut, sollte die Anzeige unbedingt zeitnah geschehen. Je mehr Fahrradbesitzer sich an diese Regeln halten, desto erfolgreicher die Prävention - oder die Ermittlungen der 'Soko Speiche'.

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