Weiler/Oberreute/Scheidegg "Um Gottes Willen", denkt sich Hermine Schneider, als sie und ihr Mann Alfred um 4.30 Uhr morgens aus ihrem Schlafzimmerfenster schauen: Aus dem kleinen Bach, der an ihrem Hof in der Bregenzer Straße in Weiler-Simmerberg vorbei fließt, ist ein "reißender Fluss" geworden. Das Wasser strömt um ihr Haus herum und bringt jede Menge Schlamm und Geröll mit sich. "Das letzte Mal hatten wir so etwas Ähnliches Anfang der siebziger Jahre", erinnert sich die 82-Jährige.
Zur selben Zeit, knapp 200 Meter weiter bergab: Nachbar Thomas Jahn wacht auf. Immer heftiger prasselt der Regen auf das Hausdach. Plötzlich geht die Schlafzimmertüre auf und seine Tochter stürmt herein: "Du Papa, wir haben einen See vor dem Haus." Der 34-Jährige und seine Frau Brigitte blicken aus dem Fenster: "Sturzflutartig" fließt das Wasser den Hang herunter. Unten auf der Straße, die neben dem Haus vorbeifährt, sammelt sich immer mehr Kies an, der dort angeschwemmt wird.
Auto "brettert in Kies"
Brigitte und Thomas Jahn überlegen nicht lange, schnappen sich zwei Taschenlampen und laufen an die Straße. "Ein Wagen ist volle Pulle in den Kies hinein gebrettert", erzählt der Mann. Den anderen Autos winken er und seine Frau mit den Taschenlampen entgegen, um die Fahrer rechtzeitig zu warnen.
Inzwischen ist die Feuerwehr eingetroffen und hilft Familie Jahn, das Wasser aus dem vollgelaufenen Keller abzupumpen und Kies und Geröll beiseite zu schaffen. Als das Wasser weg ist, entdeckt Ehepaar Jahn sogar mehrere Forellen vor der Haustüre: "Die haben im Wasser gezappelt, das auf der Wiese übrig geblieben ist." Freilich bringen die beiden die Fische sofort in Sicherheit. "Weiter oben hat jemand einen Weiher mit Forellen angelegt, die stammen wahrscheinlich daher", vermutet Nachbarin Hermine Schneider.
Gegen 5 Uhr, gut fünf Kilometer weiter östlich in Oberreute: Auch Sabine und Gerhard Fehr alarmieren die Floriansjünger: "Das Wasser kommt von allen Seiten", schildert der Ehemann die Situation in Schönebühl.
Oberhalb seines Hauses hatte sich offenbar an der Straße in Richtung Sulzberg (Bregenzerwald) eine Mulde mit Regenwasser gefüllt, die irgendwann übergeschwappt ist. Bis etwa 10 Uhr ist Familie Fehr zusammen mit der Feuerwehr damit beschäftigt, den Keller auszupumpen. "Sogar noch im Erdgeschoss stand das Wasser gute 20 Zentimeter hoch", berichtet Gerhard Fehr. Als der Keller endlich leer ist, bleibt dem Westallgäuer die Spucke weg: "Hier siehts aus, wie nach dem Krieg." Jetzt muss er erstmal seinen Parkettboden rausreißen, der völlig hinüber ist.
Mure versperrt Straße
Knapp acht Kilometer weiter westlich in Scheidegg-Scheffau: Eine Mure rutscht in den frühen Morgenstunden den Hang am Schirpfentobel herunter auf die Straße - Schlamm und Geröll liegen auf der Katzenmühle. "Zu unserer Firma gab es kein Durchkommen mehr", erzählt ein Mitarbeiter von Johler Holzbau. Wenige Meter weiter wird eine Brücke unterspült - ein kleines Loch klafft am Straßenrand hervor.