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So funktioniert ein Saftladen

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So funktioniert ein Saftladen

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    Markt Rettenbach/Kapelle | baus | Draußen regnet es Bindfäden, drinnen Apfelsaft. Er tröpfelt in kleinen Strömen von den Bändern der Presse und sammelt sich schäumend in einer Edelstahlwanne. Die ganze Halle duftet durchdringend nach Apfel. Andrea Schedel hält einen Plastikbecher an den Einlauf und probiert den frisch gepressten Saft. 'Super, ganz süß.' Die Kundin ist zufrieden. Sie hat rund 270 Kilo Äpfel und Birnen zum Pressen in die Mosterei von Alois Grueber in Markt Rettenbacher Ortsteil Kapelle gebracht und kann ihre Ernte wenig später in flüssiger Form wieder mit nach Hause nehmen - Direktsaft im Wortsinn.

    Vorher fließt er noch in die Zentrifuge und von dort in die Abfüllanlage. Jeweils zehn Liter Saft werden hier automatisch in einen Plastikbeutel mit kleinem Zapfhahn gepumpt, den die Mitarbeiterinnen der Mosterei in einem Karton verstauen.

    In dieser Form verlassen täglich rund 20 000 Liter Saft die Mosterei, in der dieses Jahr schon seit Ende Juli Hochbetrieb herrscht. Ständig fahren draußen Autos vor, werden Äpfel und Birnen in die grünen Transportkisten der Mosterei geschüttet und von dort in die Waschanlage der Presse. Leerlauf gibt es nicht - auch wenn Alois Grueber peinlich genau darauf achtet, dass sich die Säfte seiner Kunden nicht vermischen. Diese kommen längst nicht mehr nur aus der Region, sondern bis von Starnberg, Füssen, Reutte, Biberach und Augsburg.

    Der gelernte Schreiner ist ständig in Bewegung, rennt von der Waschanlage zur Edelstahlwanne, kontrolliert nebenbei die Bänder der Presse, eilt weiter zur Zentrifuge, drückt Knöpfe, legt Hebel um und steht im nächsten Moment wieder an der Waschanlage, um die nächste Ladung Äpfel ins Wasser purzeln zu lassen. 'Früher, wenn ich am Abend raus bin, war ich kaputt. Jetzt gehe ich ausgeruht heim. Man muss zwar wahnsinnig aufpassen, aber nicht mehr körperlich arbeiten', erklärt er.

    Mit früher meint Alois Grueber die Zeit vor zwei Jahren, als er die Früchte noch mit einer älteren Anlage presste, die wesentlich weniger Leistung brachte. Sechs bis acht Stunden Wartezeit mussten die Kunden da schon mal einplanen, bis sie überhaupt an die Reihe kamen. Es bildeten sich Schlangen bis zum Ortseingang. 'Das waren Zustände, das war nicht mehr tragbar. Das war kriminell.'

    Zum Teil fing er schon nachts um 3.30 Uhr mit der Arbeit an, die dann durchaus bis 24 Uhr dauern konnte. Heute endet der Mosttag meist gegen 19 Uhr, dank Terminvergabe gehören die Warteschlangen der Vergangenheit an. Sehr zum Leidwesen von Gockelwagen und Würstchenbuden, die bereits das Geschäft ihres Lebens witterten und Alois Grueber um einen Stellplatz auf seinem Gelände ersuchten.

    Das ist nach wie vor gut besucht - und die Ansprüche der Kunden steigen. 'Gut bist du, wenn du bei mir die Äpfel klaubst und mir dann den fertigen Saft bringst', hat ein Kunde einmal zu Grueber gesagt. Doch der winkt lachend ab: 'Das habe ich nicht vor.' Allerdings war auch die Mosterei in dieser Form so nie geplant.

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