Von Riccarda Oppold Oberallgäu - Kinder aus Migrantenfamilien sollen künftig schon im Kindergarten zum Deutschlernen verpflichtet werden - sonst drohen radikale Sanktionen. Wer selbst nach einem Deutschkurs durch einen Sprachtest fällt, soll in die Förderschule. Dieser harte Kurs der Bayerischen Staatsregierung in Sachen Integrationspolitik hinterlässt bei einigen Schulleitern und Experten im Oberallgäu ein mulmiges Gefühl. Eine frühe Sprachförderung ist wichtig - darüber zeigten sich alle Befragten bei unserer kurzen Rundfrage einig. Dies jedoch mit der Androhung von Strafen durchsetzen zu wollen, hält zum Beispiel Hubert Decker, Schulleiter der Volksschule Sonthofen-Rieden, für fraglich: 'Grundsätzlich finde ich es gut, dass Sprachtests gemacht werden, aber Sanktionen sind der falsche Weg.' Dem kann Walter Höß, Leiter der Grundschule in Blaichach, nur zustimmen: 'Der Integrationswille muss von selbst kommen. Verordnungen sind da wenig sinnvoll.' An seiner Schule legt Höß großen Wert auf Sprachförderung. Allerdings nicht nur für ausländische Kinder. Auch deutsche Kinder hätten Lücken, sagt er. Die Kinder mit Migrationshintergrund, die seine Schule besuchen, seien gut integriert, so der Schulleiter.
Schulleiter: 'Fatal'Für Udo Himml, Leiter der Königsegg-Grundschule in Immenstadt, ist die Vorstellung reiner Sprachförderklassen 'fatal'. In seiner Schule gibt es Sprachlerngruppen: Kinder, die sprachliche Defizite aufweisen, werden für 13 Stunden pro Woche aus ihren Klassen herausgenommen und gesondert mit dem Schwerpunkt Deutsch unterrichtet. Die restliche Unterrichtszeit findet in 'gemischten' Klassen statt. So werde verhindert, dass ausländische Schüler isoliert werden, erklärt Himml. Er habe mit diesem Konzept 'hervorragende' Erfahrungen.
'Integration gibt's nicht umsonst'Miriam Duran, Beauftragte für Migration und Integration im Landratsamt Oberallgäu, sieht noch ein ganz anderes Problem an der Debatte um Deutschkurse im Kindergarten: Was passiert mit den Kindern, die nicht in den Kindergarten gehen und dort gezielt gefördert werden? Um gleiche Chancen für jeden zu schaffen, spricht sich Duran für ein verpflichtendes Kindergartenjahr aus. Das kostet Geld. Aber: 'Integration gibt's nicht umsonst.'Dass Kinder, die Sprachtests nicht bestehen, künftig auf eine Förderschule gehen sollen, findet Duran befremdlich. Migrantenkinder würden dadurch ausgegrenzt und außerdem kämen so enorme Kosten auf die Gesellschaft zu. Denn ein Platz in der Sonderschule ist wesentlich teurer als in der Grundschule. Das Wichtigste ist für Miriam Duran, dass alle Kinder, egal woher sie kommen und welcher Schicht sie angehören, gleiche Startbedingungen vorfinden. Sie kenne viele ausländische Eltern, die sich sehr um die Ausbildung ihrer Kinder bemühen und deshalb zum Teil ihre Herkunftsprache gar nicht mehr anwenden, erzählt sie. In solchen Fällen muss nicht mit Druck gearbeitet werden - und das sei ideal. Denn: 'Freiwillig ist immer besser.'