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Sieben Tonnen reißen am Fanghaken

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Sieben Tonnen reißen am Fanghaken

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    Von Richard Mayr Kaufbeuren In der Lärmschutzhalle auf dem Fliegerhorst Kaufbeuren ist ein Kampfjet vom Typ 'Tornado' mit einem mächtigen Fanghaken fest im Boden verankert. Ein Bodenprüflauf steht an, das heißt, die Triebwerke werden testhalber mit viel Schub am Boden gestartet. Vier Fluggerätelektroniker, die sich zum 'Luftfahrzeugregelungsanlagenmechaniker' spezialisiert haben, werden dabei das Steuergerät überprüfen und gegebenenfalls neu einstellen. Das gehört zum praktischen Teil des Meisterlehrgangs bei der Bundeswehr. Noch wird der Kampfjet für den Probelauf am Boden hergerichtet. Schutzkörbe werden auf die Ansaugschächte der Turbinen gesetzt, damit keine Gegenstände hineingezogen werden, die die teuren Triebwerke beschädigen.

    Reale Zündung statt Simulator

    Der Testlauf ist nicht billig, weshalb er nicht so häufig statt findet. Im Standbetrieb frisst der Tornado etwa ein Kilogramm Treibstoff pro Sekunde. Werden die Nachbrenner gezündet, steigert sich der Verbrauch auf fünf Kilogramm pro Sekunde, erklärt Alexander Braun, einer der beiden Triebwerker, die dafür sorgen, dass der Tornado ordnungsgemäß in Betrieb genommen werden kann. 'Ein Testlauf ist aber notwendig', sagt Ausbilder Ralph Eimansberger. Viel werde zwar am Simulator trainiert. Allein damit könnten die Fluggeräteelektroniker aber nicht ausgebildet werden. Auch wenn es billiger sei, müsse am Flugzeug selbst gearbeitet werden. Die Situation sei anders, auch die Zusammenarbeit mit dem Team.

    Das sitzt zum Großteil im schallgeschützten Nebenraum. Die Steuereinheit des Tornados, die überprüft werden soll, hat man dort an ein Gerät angeschlossen. Über ein Kabel ist es mit dem Kampfjet verbunden. 'Andernfalls müsste am Flugzeug vor der Turbine geschraubt werden', das wäre nicht nur unheimlich laut, sondern auch ziemlich ungemütlich.

    Im engen Cockpit des Tornados nimmt Markus Jodl, der andere Triebwerker, Platz. Er wird das Triebwerk zum Laufen bringen und Jürgen Letzner (37) per Mikrophon darüber informieren, ob alles reibungslos läuft. Letzner, einer der vier Fluggeräteelektroniker, sitzt am Prüfgerät und geht eine Checkliste durch. Ein zu kurzes Streichholz hat ihn am Abend zuvor dazu bestimmt, die Einstellungen am Steuergerät vorzunehmen. In Lechfeld, wo er stationiert ist, arbeitet er an einer digitalen Steuereinheit. 'Beim Tornado läuft das alles noch mechanisch ab', sagt er. Mit einem kleinen Schraubenzieher reguliert er die Zufuhr des Treibstoffs zur Turbine am Steuergerät.

    Als die Turbinen eingeschaltet werden, steigt auch im Nebenraum der Schallpegel. Es wird kontrolliert, ob alles stimmt, die Triebwerke reibungslos arbeiten. Die Fluggeräteelektroniker können keine Fehler entdecken. Im engen Cockpit gibt Jodl vollen Schub. Der Fanghaken ist mittlerweile straff gespannt. Von draußen wird jetzt so viel Luft angesogen, dass es in der Halle immer kühler wird. In Tabellen muss Letzner nachsehen, wie sich das auf die maximal Einstellung auswirkt. Die ist nämlich vom Luftdruck und der Temperatur abhängig.

    Als alles passt, werden die Nachbrenner getestet. Zum Einsatz kommen sie im Flug nur beim Start und bei Beschleunigungen, für den doppelten Schub ist nämlich die fünffache Menge Kraftstoff nötig. Eine Gasflamme stößt aus der Turbine, das Kampflugzeug reißt an der Eisenfessel. 'Sieben Tonnen Schub', erklärt Braun schreiend. Und viel mehr hält die Verankerung am Boden auch nicht aus.

    Letzner reguliert die Treibstoffzufuhr, Scholz schaut ihm über die Schulter. Er ruft ihm etwas zu, doch das Turbinengeräusch übertönt alles. Erst als der Nachbrenner wieder ausgeschaltet wird, versteht Letzner ihn. Ein Wert wurde unterschritten, der Nachbrenner wird nicht mehr zünden. Und als Jodl ein zweites Mal vollen Schub geben will, meldet er genau das über Funk. Letzner reguliert noch einmal nach. Der Tornado zerrt wieder mit aller Gewalt an der Verankerung. Das Triebwerk brennt bläulich nach. Dann wird es wieder ruhig in der Lärmschutzhalle. Der Test ist erfolgreich verlaufen und die vier Flugelektroniker haben ihren Meisterlehrgang bestanden.

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