Eine Ära geht am Kaufbeurer Fliegerhorst vorüber: Wegen der Aussetzung der Wehrpflicht sind die nunmehr letzten Rekruten eingerückt - es sind elf an der Zahl. Früher waren es einmal wesentlich mehr. Eine Entwicklung, die Oberstleutnant Thomas Schwab, zuständig für Personal, mit Wehmut betrachtet.
"Die Wehrpflichtigen haben immer wieder den jeweiligen Zeitgeist mitgebracht auf den Fliegerhorst." Außerdem hatten viele von ihnen Vorbildung, die sich oftmals als sehr hilfreich erwies. Das alles fällt jetzt bald weg. Wehmut empfindet Manuel Michelbach hingegen keineswegs. Der 18-Jährige aus Steißlingen in der Bodenseeregion ist froh, in den nächsten Monaten noch bei der Bundeswehr untergekommen zu sein, war er doch vorher vergebens auf Jobsuche. Die knapp zweimonatige Grundausbildung in Mengen (nördlich des Bodensees) hatte ihm schon gut gefallen, vor allem die Kameradschaft beeindruckte den jungen Mann. In Kaufbeuren ist er in der Zentralen Unterkunftsverwaltung tätig. Er ist zuständig für die Unterkünfte der Unteroffiziere und Offiziere - er muss etwa dafür sorgen, dass die Betten frisch bezogen werden. "Es ist ein bisschen wie in einem Hotelbetrieb." Ob Manuel Michelbach seine sechsmonatige Zeit freiwillig verlängert - das ist inzwischen möglich - weiß er noch nicht. Vielleicht will er auch etwas Handwerkliches machen.
Sein Kamerad Christopher Rode wiederum kommt aus Kaufbeuren und kann deshalb abends daheim schlafen. Ihm gefällt es auch schon recht gut bei der Bundeswehr, so gut, dass er darüber nachdenkt, hinterher eine Laufbahn als Unteroffizier einzuschlagen. Er ist in der Verwaltung tätig, kümmert sich etwa um Urlaubsanträge und hilft dem Spieß bei schriftlichen Arbeiten.
Von der Grundausbildung, die er ebenfalls in Mengen absolvierte, war der 20-Jährige fast ein bisschen enttäuscht. Er hatte eine gewisse Härte erwartet, aber meist saß er im Hörsaal. Es gab viel Theorie, nur einmal einen Marsch.
Aus Kaufbeuren stammt auch Patrick Heindl, der für den Kfz-Bereich eingeteilt ist. Neben Bürotätigkeiten fallen für ihn vor allem Fahrten nach Ulm ins Bundeswehrkrankenhaus oder zum Flughafen an - was ihm ausgesprochen Spaß macht. Wie Christopher Rode denkt auch er darüber nach, später bei der Bundeswehr zu bleiben. Und die Chancen dafür stehen nicht ganz schlecht, so Oberstleutnant Schwab. Künftig soll es mehr Zeitsoldaten geben, die sich beispielsweise für vier, acht oder zwölf Jahre verpflichten. Der Wegfall der Wehrpflicht habe erhebliche Konsequenzen: "Viele haben bislang als Rekruten die Bundeswehr als Arbeitgeber für sich entdeckt.
Das geht nun nicht mehr."
Rund 350 Euro Sold
Die Wehrpflichtigen fehlen zudem bald auf dem Fliegerhorst etwa für Büroarbeiten, Fahrdienste, in der Organisation insgesamt. Dazu zählt auch die Bewirtung im Offiziers- und Unteroffiziersheim. Laut Gesetz müssen solche Bewirtungen von der Truppe nämlich selbst geleistet werden. Bislang machten das - auf freiwilliger Basis - Wehrpflichtige, wie dereinst der heutige Kaufbeurer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke. Es gehe nicht nur darum, "mal ein paar Bierchen auszuschenken". Im Offiziersheim finden immer wieder repräsentative Anlässe statt - nicht zuletzt der Neujahrsempfang der Bundeswehr und der Stadt Kaufbeuren. "Da müssen noch Lösungen gefunden werden", so Schwab. Viele Aufgaben, die bislang Wehrpflichtige leisten, werden künftig wohl Zeitsoldaten oder Zivilangestellte verrichten.
Wehrpflichtige waren ausgesprochen günstig: Bei einem Sold von 291 Euro plus Zulagen kommen sie auf etwa 350 bis 370 Euro pro Monat. Keine Reichtümer. Aber das ist bald Geschichte. Dass sie die Letzten ihrer Art sind, kriegen die Rekruten am Fliegerhorst jedenfalls ständig zu hören. So oft, dass sie es schon nicht mehr hören wollen.