Von Hans-Christian Rudolf Sonthofen - Diese Geschichte beginnt mit einem Happyend - zumindest mit einem kleinen. Denn mittlerweile ist auf dem Konto der Familie Fäustle (Name von der Redaktion geändert) aus dem Oberallgäu das Geld der 'Hartz-IV'-Hilfe eingegangen. Doch vor kurzem hatte die Situation für die vier Sonthofener noch ganz anders ausgeschaut: Die Familie hatte keine finanzielle Lebensgrundlage mehr, seit der Vater im Juli seinen Job verloren und im August seine gesamte Altersvorsorge aufgebraucht hatte, um Miete, Essen oder Benzin zu bezahlen. Der ehemals Selbstständige hatte zwar bei der 'Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung für Arbeitssuchende' (Arge) im Landratsamt Sonthofen 'Hartz IV'-Hilfe beantragt, Geld sah er aber acht Wochen lang keines. 'Wir lebten von der Hand in den Mund', sagt Fäustle. Und seine Frau drohte der Katze an: 'Du kommst auch noch in den Kochtopf.'Über 30 Jahre lang habe er als Angestellter in die Sozialkassen einbezahlt, schimpft Johannes Fäustle. Doch als er, seine Frau und die 19 und 23 Jahre alten Söhne nun die schnelle Hilfe des Staates gebraucht hätten, um - so hofft der 53-Jährige zumindest - 'ein paar Monate' Arbeitslosigkeit zu überbrücken, da habe er von der 'Hartz IV'-Stelle im Landratsamt nur gehört: 'Sie liegen im Stapel. Und es dauert eben sechs bis acht Wochen, bis der Antrag bearbeitet wird.' Außerdem sage der Staat immer, dass man etwas für das Alter zurücklegen soll, so Johannes Fäustle weiter, 'und kaum kommt man in so eine Situation, geht die Altersvorsorge komplett drauf'. Bis 1994 war Johannes Fäustle bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften beschäftigt. Anschließend arbeitete er zehn Jahre lang in demselben Geschäftsbereich als selbstständiger Leiter einer Agentur. 2004 wurde er 'Schlafberater' bei einer österreichischen Firma, die komplette Schlafsysteme vertreibt und per Annonce über 5000 Euro Verdienst pro Monat versprach.'Dort wurde ich seit Dezember gemobbt', sagt Fäustle. Der 'Schlafberater' erhielt immer weniger Aufträge für abendliche Vorträge und verdiente entsprechend weniger. Im Juli platzte ihm der Kragen - Johannes Fäustle verklagte die Firma auf 50 000 Euro Abfindung und Schadensersatz. Weil seitdem kein Geld mehr auf dem Konto eingeht, und auch die Bank alle Geldhähne zugedreht habe, beantragte der Oberallgäuer Anfang August 'Hartz IV'. Bis gestern musste er auf Hilfe warten.
In der Mühle Mit seiner Geschichte möchte Fäustle zeigen, wie schnell eine 'unbescholtene Familie' - ein Sohn studiert, der andere sucht derzeit eine Ausbildungsstelle - 'drin ist in der Mühle'. Die Erfahrungen in der 'Hartz IV'-Stelle seien schlimm für ihn gewesen. 'Dort gibt es keine Diskretions-Zone. Wir wurden mit den ganzen anderen Typen über einen Kamm geschoren, die anders als wir nicht 30 Jahre lang ins Sozialsystem eingezahlt haben. Und ich hatte keinen direkten Ansprechpartner, dem ich meine Probleme schildern konnte.'Durchaus Verständnis für die heftigen Vorwürfe hat Andreas Kaenders, Pressesprecher des Landratsamts. 'Klar emotionalisiert so ein neuer, unangenehmer Lebensabschnitt. Wir konnten aber nicht einfach so seinen Antrag im Stapel nach oben ziehen - den anderen geht es schließlich auch nicht besser.'
Nach acht Wochen Allerdings - so Kaenders - hätte es eben doch eine Möglichkeit zur schnellen Hilfe gegeben. 'Wenn zum Beispiel ein Vermieter mit dem Rauswurf aus der Wohnung droht, kann man eine Vorschusszahlung beantragen. Und das hätte auch Johannes Fäustle tun können.' Doch das ist jetzt nicht mehr nötig. Nach acht Wochen hat der Antrag des Sonthofeners den Stapel durchwandert. Und mit der Bewilligung hat er jetzt auch einen konkreten Ansprechpartner bekommen, ergänzt Jutta Strehlke von der Arge Oberallgäu.