Kempten(se). - Was wurde seinerzeit gewitzelt, als sich die ersten Frauen zur Bundeswehr meldeten. In der Fantasie so mancher Außenstehender waren plötzlich fidele Feldwebel ununterbrochen in Liebeleien verstrickt mit Frau Schütze, Frau Flieger oder Frau Sanitäts-Soldat. Dabei hatte der Dienstherr solchem Treiben einen Riegel vorgeschoben: Sexuelle Beziehungen innerhalb der Kasernenanlagen sind bis heute nicht erlaubt; Vorgesetzte sollen Verstöße gegen dieses Verbot sogar disziplinarisch ahnden. Jetzt soll diese Vorschrift gekippt werden. 'Wir hatten da bisher zum Glück keine Probleme', sagt der Kommandeur des Gebirgssanitätsregiments 42 in Kempten, Dr. Lutz Warnke. Besuche ein männlicher Soldat außerhalb des Dienstes einen weiblichen - oder umgekehrt - Warnke würde 'doch nicht kontrollieren, ob die bloß Halma spielen'. Damit liegt er mit Wehrbeauftragtem Wilfried Penner auf einer Linie. Aufgrund einiger Eingaben von Soldaten kritisierte dieser kürzlich das Sex-Verbot beim Bund, weil es zu einer 'Beeinträchtigung der Integration von Frauen in die Streitkräfte führen' könne. Nun lässt Verteidigungsminister Peter Struck einen liberaleren Erlass erarbeiten. Damit wolle die Armee der 'gesellschaftlichen Normalität' Rechnung tragen, hieß es in Bild.
Kontaktbörse Kaserne Männer und Frauen, die als Partner Dienst bei den Streitkräften schieben, sollen demnach künftig die Nächte miteinander verbringen dürfen. Das hält der Kemptener Kommandeur für sinnvoll. Wie in anderen Betrieben auch, sei nun einmal die Arbeitsstelle nicht zuletzt eine Kontaktbörse, weiß Warnke. Wenn es sich räumlich einrichten lässt, sollten Männlein und Weiblein in einer Beziehung auch den Feierabend miteinander verbringen können. 'Ergeben sich dabei sexuelle Betätigungen, ist dies aus Sicht der Medizin etwas völlig Natürliches', sagt der Oberfeldarzt. Wird der neue Erlass auch für homosexuelle Angehörige der Streitkräfte gelten? In einer 'Führungshilfe für Vorgesetzte' heißt es dazu: 'Die Verpflichtung zur Kameradschaft gebietet Toleranz gegenüber nicht strafbewehrten sexuellen Orientierungen, dementsprechend auch für gleichgeschlechtlich veranlagte Soldatinnen und Soldaten.' Zwischen 650 und 700 Soldaten sind üblicherweise in der Kemptener Artillerie-Kaserne stationiert, 80 Frauen sind durchschnittlich dabei. 'Ein Konkubinat wird hier aber auch künftig nicht entstehen', betont der Kommandeur. Nicht zuletzt deshalb, weil weitaus die meisten Soldatinnen mit Männern verbandelt sind, die mit dem Bund nichts zu tun haben.