Nacktaufnahmen, die sexuelle Handlungen seiner Ex-Freundin zeigen, soll ein Augsburger bei ihren Nachbarn in einem Oberallgäuer Ort verteilt haben. Und zwar über 60 solcher Bilder in insgesamt 22 Briefkästen.
Der 48-Jährige stand deswegen vor dem Amtsgericht Sonthofen. Er bestritt die Tat, wurde aber zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Richter Robert Neumaier überzeugte am Ende die Version des Opfers: Die 30-Jährige saß zu Beginn der Verhandlung zitternd und mit gesenktem Blick im Gerichtssaal. "Das alles war schlichtweg der Horror für mich", sagte sie unter Tränen aus. An jenem Samstagvormittag im September 2013 - zehn Tage nachdem sie mit dem Angeklagten Schluss gemacht hatte - entdeckten Nachbarn, darunter übrigens auch Kinder, die besagten Fotos in ihren Briefkästen.
Irgendwer hatte in der Nacht zuvor die Bilder im ganzen Haus sowie in vier anliegenden Reihenhäusern verteilt. Wer das war, war für die Oberallgäuerin klar: Ihr Ex-Freund habe geplant, "mich fertigzumachen". Seither leide sie unter psychischen Problemen und könne nicht mal mehr ihren eigenen Briefkasten öffnen. Und wenn sie heute noch zum Einkaufen gehe, fühle sie sich ständig beobachtet.
Der Angeklagte wies die Vorwürfe von sich: "Ich habe damit nichts zu tun." Er behauptete, seine Ex-Freundin habe das Ganze selbst inszeniert, um ihm schaden zu wollen.
Die Bilder hatte er mit seinem Handy fotografiert, als er mit seiner damaligen Freundin Sex hatte. Und sie wusste davon. Die Daten seien dann auf mehrere seiner Computer verteilt worden - inklusive einem USB-Stick. Und genau diesen, laut dem 48-Jährigen "verschwundenen" Datenträger soll sie bei ihrem letzten Besuch in seiner Wohnung in Augsburg mitgenommen haben. Oder ihr Bruder, der nach der Trennung ihre Sachen holte.
Diese Geschichte kaufte Richter Neumaier dem Angeklagten nicht ab: Zudem hatte das Opfer einen anonymen Erpresserbrief erhalten. Darin wurde gedroht, die pornografischen Fotos zu verteilen. Und genau diesen Brief fand die Polizei auf dem Rechner des Augsburgers - genauer gesagt einen Screenshot davon. Wie der Brief auf seinen PC gelangte, erklärte der Angeklagte so: "Womöglich hat sie ihn auf dem Rechner hinterlassen."
Sein Verteidiger verlangte, dass das Gericht doch herausfinden müsse, wann genau der Screenshot gemacht worden war: Falls das vor der Trennung geschehen wäre, hätte der Angeklagte gar kein Motiv für die Tat gehabt. Der Anwalt brachte daraufhin einen "unbekannten Dritten" ins Spiel, der den angeblich verschwundenen USB-Stick gefunden oder gestohlen sowie die Sex-Bilder in den Briefkästen verteilt haben könnte. Er forderte daher, seinen Mandanten freizusprechen.
Für die Staatsanwältin und den Nebenankläger hingegen war das Motiv klar: "Das war ein typischer Fall von gekränkter männlicher Eitelkeit." Ebenso habe kein Zeuge dem 48-Jährigen ein handfestes Alibi für die Tatnacht geben können. Die von der Staatsanwältin geforderte fünfmonatige Bewährungsstrafe lehnte der Richter allerdings ab. Der Angeklagte hat nämlich derzeit eine offene Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.