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Seit 90 Jahren eine eingeschworene Gemeinde

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Seit 90 Jahren eine eingeschworene Gemeinde

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    Theaterspielen hat in Wald lange Tradition ­ Am Ostersonntag Premiere mit 'Aphrodites Zimmer' Wald (oa). Es war an einem stürmischen Winterabend im Jahr 1909. Beim Dämmerschoppen in Wald wurde über dieses und jenes debattiert, im Laufe des Abends kam man auch auf das Theaterspielen zu sprechen. Dies wurde damals in vielen umliegenden Dörfern praktiziert, und so kam die Idee auf, es selbst einmal zu versuchen. Aus dieser spontanen Idee ist eine 90-jährige Geschichte geworden, die Freude am Theater hat die Walder seit Ostern 1910 nicht mehr losgelassen.

    'Die Räuber auf Maria Kulm' und 'Ida von Toggenburg' hießen die Stücke, die Ostern 1910 zur Aufführung kamen. Zwei historische Schauspiele, wie sie damals in Mode waren, hatte Spielleiter Xaver Eberle ausgesucht. Die Bühne stand im Gasthaus 'Zur Post'. Das Podium entstand aus Bierkisten, als Vorhang dienten Rupfensäcke, als Bühnenbeleuchtung drei Petroleumlampen. Allerdings dauerte diese erste Phase nicht allzu lange, noch drei weitere Stücke brachte Spielleiter Eberle zur Aufführung, bevor der erste Weltkrieg ein vorläufiges Ende brachte.

    Eine neue Theatergruppe bildete sich 1921 aus dem Burschenverein. Es war vor allem das römische Schauspiel 'Vinantius' aus dem Jahr 1923, das nachhaltig in Erinnerung blieb. Besonders Engelbert Guggemos, der die Titelrolle spielte, war noch Jahrzehnte später unter dem Namen 'Finanzius' bekannt.

    Wilderer-Romantik

    Unter der Regie von Nikolaus Socher erfolgte zunächst ein Stilwechsel. Wildererromantik, Mühlendramen und ländliche Bauernstücke beherrschten nun die Bühne. Problematisch blieben zunächst die Bühnenverhältnisse, erst 1934 entstand im Gasthaus 'Zur Post' ein neuer Saal, in den auch eine komplett neue Bühne eingebaut wurde. Vier Stücke kamen darauf zur Aufführung, obwohl das Theaterspielen im Dritten Reich zunehmend schwieriger wurde, der Krieg setzte dann auch hier einen Schlusspunkt.

    Der Neuanfang gelang erst wieder 1954. Daneben setzte sich Socher dafür ein, dass in die neue Schulturnhalle auch eine Bühne eingebaut wurde. Bürgermeister Josef Ampßler und sein Gemeinderat willigten schließlich ein und so entstand ein festes Podium im Turnsaal, auf das Josef Fröhlich die eigentliche Bühne baute. Maßgeblichen Anteil an der Bühnengestaltung hatte auch Hauptlehrer Josef Schiffner, der im Laufe der Jahre zahlreiche Bühnenbilder schuf. Die Walder Bühne galt damals als die schönste im Umkreis.

    Darauf konnte die Spielergruppe aufbauen, 's\' Liserl vom Berghof' wurde 1955 auch gleich ein großer Erfolg. Es wurde im Laufe der Zeit aber immer häufiger der Wunsch geäußert, auf heitere Stücke überzuwechseln. 1976 wagte Socher diesen Schritt mit 'Die zwei Halbschönen'. 1981 ging für die Walder Theatergruppe eine Ära zu Ende, nach 60 Jahren Bühnentätigkeit, davon 55 als Spielleiter, legte Socher an seinem 75. Geburtstag die Regie in jüngere Hände. Hans Kalopp sen., der viele Jahre Bühnenerfahrung mitbrachte, gab sein Debüt als Spielleiter 1982.

    Vor allem mit Stücken von Ulla Kling verzeichnete die Walder Bühne in den nächsten Jahren Erfolge. Hans Kalopp jun., der 1997 als Spielleiter in die Fußstapfen seines Vaters trat, orientiert sich bei der Stückwahl eher am Boulevard-Theater. Mit 'Aphrodites Zimmer' will die Theatergruppe im Jubiläumsjahr daran anknüpfen.

    Die Aufführungen in der Osterzeit sind fester Bestandteil des Jahresablaufs im Dorf, die Theaterausflüge unter Socher waren ganz besondere Ereignisse, nicht nur für die Spieler. Die Theatergruppe galt und gilt als verschworene Gemeinschaft, manchmal auch tituliert mit dem Begriff 'wilder Haufen'. Diesem Geist will die Spielerschar treu bleiben, auch wenn sie sich vor kurzem entschlossen hat, den wilden Haufen in eine Theatergruppe e. V. umzuwandeln.

    Leider überschattet ein trauriges Ereignis das Jubiläum: Der kürzliche Tod von Ossi Holderied hat eine große Lücke in der Spielerschar hinterlassen. Die Gruppe hat nicht nur einen hervorragenden Spieler und Bühnenbauer verloren, auch seine humorvolle Art wird künftig fehlen. Dennoch, und das wäre sicher in seinem Sinne: das Spiel geht weiter.

    i Die Premiere von 'Aphrodites Zimmer' von Walter G. Pfaus ist traditionsgemäß am Ostersonntag, weitere Aufführungen in der Walder Turnhalle sind am 24., 26., 28., 29. und 30. April, jeweils um 20.00 Uhr. Karten können bei Christl Müller unter Telefon 08302/236 vorbestellt werden.

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