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Seelentröster mit Tee und Keksen

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Seelentröster mit Tee und Keksen

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    Die Herbergseltern von Füssen-West sind immer gefordert. Von Oliver Sommer Füssen Die Spaghetti kochen schon. Ab 18 Uhr ist Essenszeit und eigentlich sollten um diese Zeit auch die Schüler aus dem hohen Norden von ihrem Ausflug aus München in die Jugendherberge in Füssen-West zurückkommen. Während einige asiatische Gäste ihr Abendbrot einnehmen, hat Liese Biedermann noch Zeit, in ihrem Büro liegen gebliebene Arbeiten zu erledigen.

    Wenn sie und ihr Mann Michael morgens aufstehen, dann haben die beiden Herbergseltern an ihrem Arbeitsplatz geschlafen. Oder sich die Arbeit mit nach Hause genommen ­ ganz wie man will. Und sie haben einen langen Tag vor sich, der von halb sieben in der Früh bis kurz vor Mitternacht dauern kann. Zwar haben die Biedermanns neben den vier fest angestellten Kräften, neben Küchenfee, Hausmeister und Reinigungskraft auch bis zu sechs Zivildienstleistende, die ihnen Arbeit abnehmen sollen. Aber es gibt neben der Herberge auch die beiden Kinder Stephanie und Nesthäkchen Florian, die Aufmerksamkeit wollen.

    Nach dem Frühstücksbuffet, das ausnahmsweise bis halb neun dauern darf, steht die 'Wiederinstandsetzung' der Zimmer an. Es dauert bis zum Mittag, bis das Putzkommando fertig ist. 134 Betten hat die Jugendherberge, aufgeteilt in Familienzimmer sowie Vier- und Sechs-Bett-Zimmer, die zum großen Teil von Schulklassen bewohnt werden. Aber auch Musikgruppen und Sportler zieht es hierher. Und natürlich Touristengruppen aus der ganzen Welt, meistens 'Backpackers' ­ Rucksacktouristen.

    Bis zu 15 000 Gäste

    Von Mai bis Juli dauert die Hochsaison. Dann bleiben die Gäste allerdings im Schnitt nur zwei Tage. Der nächste große Ansturm folgt im August und September, wenn Amerikaner und Schulklassen die Herberge aufsuchen. Jedes Jahr kommen so bis zu 15 000 Gäste zusammen. Kein Wunder, dass sich Liese und Michael Biedermann auf ihren Urlaub freuen. Wenn jetzt das Wetter etwas schlechter wird, kurz vor dem Winter, dann schließt die Jugendherberge für sechs Wochen bis nach Weihnachten. Zeit, sich mehr um die Familie zu kümmern und vor allem für Renovierungsarbeiten. Jedes Jahr werden alle Zimmer wieder hergerichtet und komplett renoviert.

    Für ihre beiden Kinder ist die Jugendherberge ein Paradies, erzählt Liese Biedermann. Sie wachsen auf einem großen, geschützten Areal auf und Spielgefährten finden sich auch. 'Meine kleine Tochter hat einmal mit Kindern einer französischen Schulklasse im Schnee getobt', erinnert sich Liese Biedermann. Dabei kann die Kleine kein Wort Französisch. Andererseits müsse man aufpassen, welche Nationalitäten man in ein Zimmer zusammenlege, erzählt Michael Biedermann: 'Koreaner und Japaner oder Polen und Russen, das sind sichere Problemfälle.'

    Um fünf Uhr nachmittags beginnen die Vorbereitungen fürs Abendbrot und dann hat auch die Rezeption wieder für die neuen Gäste geöffnet. Ein anstrengender, wenn auch abwechslungsreicher Beruf, wie die Biedermanns meinen.

    Sogar Seelentröster müssen sie manchmal spielen. So wie bei der Schulklasse, die zum Eislaufen ging. Ihr Lehrer führte Kunststücke vor ­ bis er mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus musste. 'Die Klasse irrte ohne Lehrer umher und kam schließlich zu uns zurück', erinnert sich Michael Biedermann. 'Wir haben sie erstmal mit Tee und Keksen versorgt und vor den Fernseher gesetzt. Dann mussten wir die zweite Lehrerin suchen, die irgend etwas anderes unternehmen wollte', so Liese Biedermann.

    Auf diese Weise sind die beiden ständig ausgelastet. Auch damit, Reservierungen zu tätigen, um die Herberge auszulasten. Sie läuft so gut, dass sie manch andere Herberge in Bayern mitträgt.

    Irgendwann nach 8 Uhr kommen sie dann doch noch, die beiden Busse mit den Schülern aus dem hohen Norden. Sofort herrscht ein Ansturm auf das Abendbrot. Keine Zeit mehr für Erklärungen.

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