Preisträgerkonzert bei inernationalem Wettbewerb. Von Gabriele Schroth Marktoberdorf (gsc). Die Einsamkeit des Pianisten am Flügel sie scheint nun endgültig passé. Gleich drei Klavierschemel drängelten sich vor dem Steinway-Flügel, und munter huschten nebeneinander sechs Hände über seine breite Tastatur:; Überwältigend neue Eindrücke beim Preisträgerkonzert des 2. Internationalen Wettbewerbs für Klavier zu sechs Händen in der Byerischen Musikakademie.
Aus Litauen und St. Petersburg, aus Bratislava und Bulgarien und ganz Deutschland waren sie mit ihren Eltern und Klavierlehrerinnen angereist und boten ein völlig neues Bild in der Musikakademie. Immer gleich angezogen, in dunkelblauen Kleidern mit weißen Krägelchen oder weißen Hemden und kleiner stolzer Fliege, bevölkerten muntere Dreiergruppen die Zuschauerreihen des Konzertsaales: eine aufgeweckte internationale Klavierjugend, die offenbar ohne alle Scheu auf die Bühne schwirrt und fröhlich auf den drei Schemeln vor dem großen Steinway Platz nimmt. Das alte Pianisten-Lampenfieber scheint einer selbstbewußten Munterkeit gewichen, denn zu dritt steigt es sich viel leichter auf das Konzertpodium.
Der Bulgare Tomislav Baynov, ein strahlender Apologet des mehrhändigen Klavierspiels, hat mit Kursen und seinem Wettbewerb, der erstmals vor zwei Jahren in Trossingen über die Bühne ging, eine wahre Renaissance dieser historischen Musizierform eingeläutet. Sie blühte im 19. Jahrhundert, in Zeiten der bürgerlichen Hausmusik. Der bulgarische Klavierprofessor aus Trossingen bemüht sich nun um ihre Wiederbelebung mitsamt ihrer Literatur, denn sie eröffnet jungen Konzertpianisten ein riesiges Spielfeld und revolutioniert auch die gesamte Klavierpädagogik.
Dass sich damit auch enorme Klangwirkungen erzielen lassen, bewiesen die 1. Preisträger der Altersstufe ab 18 Jahren: mit Dusan Sujan, Zuzana Suchanova-Stefunkova und Stanislava Zimernova drei frisch gebackene Konzertpianisten der Musikhochschule Bratislava, die mit fulminanter Akkuratesse das Publikum überwältigten. Dicht zusammengeschmiegt vor dem Flügel schienen sie wie aus einem Munde zu atmen und ließen in einem aufregendem Nebeneinander ihre sechs Hände gemeinsam über die Tasten gleiten.
Absolute Präzision und aufeinander Eingestimmtheit sind bei solch virtuosem Zusammenspiel vonnöten, aber auch ein großer gemeinsamer Atem, um zu dritt jenem samtenen Orchesterklang aus Franz von Suppés Opernouvertüre zu beschwören. Um jenes zauberhaft leichte Huschen zu bewältigen und die Innigkeit des Ausdrucks bei Rachmaninoffs 'Valse et Romance' oder die atemlosen Läufe, den wilden Taumel des zeitgenössischen 'Le voleur d´étinecelles' von Roger Bourty. Faszinierend schließlich das Plfichtstück 'Metrorhythmia', eine Komposition des Wettbewerbsleiters Tomislav Baynov mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad 'virtuos': Mit blitzender Dynamik stürzte sich das junge slowenische Trio in die rhythmisch leicht verzerrten Klangstrukturen, die an Steve Reichs Minimalismus erinnern und sich tatsächlich phantastisch eignen für mehrhändiges Klavierspiel.
Vielseitige Literatur
Auch frühe jazzige Töne á la Jelly Roll Morton klangen wieder auf, und die gute alte Polka feiert wieder Triumphe in der frisch herausgegebenen sechshändigen Klavierliteratur. Damit entzückten vor allem die kleinen Nachwuchstrios mit pianistischemn Eifer die nahmhafte siebenköpfige Jury und das Publikum: Neben dem bulgarischen Trio ein deutsches Quartett, das eine rasante Polonaise von Louis Streabbog hinlegte. Mit selbstbewußtem, zupackendem Zusammenspiel hatten auch bei den elf- bis 13jährigen ein deutsches Trio und ein Trio aus St. Petersburg den ersten Preis abgeräumt, während bei den 14- bis 17jährigen eine Gruppe aus Litauen überzeugte. Auch das gemeinsame Spielen von Eltern und Kindern oder Lehrer mit Schülern fördert Baynos Initiative, die ein überraschend neues Zeitalter für das Piano einläutet.