Seine ganz große Anziehungskraft auf die Massen scheint Techno verloren zu haben. Zum Konzert von Scooter in der Big Box Allgäu in Kempten waren gerade mal 1500 Zuschauer gekommen. Zum Vergleich: Unheilig oder die Toten Hosen hatten vor nicht allzu langer Zeit jeweils weit über 8000 Menschen in dieselbe Halle gelockt. Doch diejenigen, die immer noch fasziniert sind von dieser Art der Musik, bekommen von Scooter genau das, was sie erwartet haben: Ein Bassgewitter, dass die Tribüne so kräftig wie selten vibrieren lässt, eine bunte Lichtshow mit vielen pyrotechnischen Effekten und H. P. Baxxter, der als Frontmann der Gruppe eine Mischung aus Sänger und Fitness-Animateur ist.
Die große Bühnenpräsenz des 46-Jährigen ist wohl auch das Erfolgsgeheimnis der Gruppe, die mit rund 30 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten des deutschen Musikgeschäfts zählt. Immer wieder treibt er das Publikum an, springt von einer Ecke der Bühne zur anderen und fragt das Publikum gefühlte hundert Mal: 'Are you ready? Seid ihr gut drauf?, yeah!'
Wie wichtig der Mann für die Band ist, zeigt sich spätestens dann, als er zwischenzeitlich für eine Umzieh- und Verschnaufpause hinter der Bühne verschwindet. Satter Synthesizer-Sound
Die beiden anderen Mitglieder von Scooter machen derweil weiterhin Techno mit einem satten Synthesizer-Sound. Und die Gogo-Girls, die mit ihrer Kostümauswahl irgendwo zwischen Cheerleader und Domina schwungvoll tanzen, sind nett anzusehen. Doch ohne das ständige Antreiben von Baxxter, der im bürgerlichen Leben Hans Peter Geerdes heißt, bleiben die Hände des Publikums ebenso unten wie dessen Tanzbereitschaft. Erst als der Sänger nach einigen Minuten wieder auf der Bühne erscheint, geht die zweistündige Party weiter.
Die Stücke an sich sind eine bewährte Mischung aus schnellen Technobeats, gerappten Texten und Melodien, die in der Regel von anderen Musikern stammen. Dabei schaffen es Scooter durchaus, mit einem Augenzwinkern und einem kleinen Schuss Ironie an die Entwicklung ihrer Lieder heranzugehen.
Bestes Beispiel dafür ist 'Whatever you want', das sie von der britischen Rockgruppe Status Quo übernehmen. Als es 1979 das Licht der Plattenwelt erblickt – damals waren die Scheiben noch groß und schwarz – markiert es mit seinem extrem gerade gespielten Vier-Viertel-Takt ungewollt wohl eines der ersten Stücke, die perfekt ins Techno-Schema passen.
Und wenn Scooter ihre schnellen Bässe über den Rockmusik-Klassiker legen, fällt es gar nicht auf, dass das Stück schon 33 Jahre auf dem Buckel hat. Dieses Gefühl stellt sich auch bei manch anderen Liedern ein und so gelingt es Scooter, eine beinahe zeitlose Form dieses Musikstils zu schaffen.