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Schwer zu retten

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Schwer zu retten

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    Auf den ersten Blick erkennt niemand einen Unterschied, wenn der Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn über rote Ampeln durch die Stadt rast. Erst bei genauerem Hinsehen erblickt man eine Art Hubladebühne wie bei einem Lkw am Heck des Krankenwagens. Diese ist aber nicht etwa da, um Ware einzuladen, sondern für stark übergewichtige Patienten mit bis zu 300 Kilogramm Körpergewicht. Seit kurzem ist der sogenannte Schwerlast-Rettungswagen der Johanniter im Allgäu im Einsatz.

    Neben jener Ladebordwand ist auch im Innenraum des neuen Gefährts alles auf übergewichtige Patienten ausgelegt (siehe Infografik), wie beispielsweise eine Vakuummatratze in Übergröße. "Zwei Schwergewichte haben wir schon am ersten Wochenende transportiert", berichtet Markus Adler (29), Rettungsdienstleiter der Johanniter-Unfallhilfe Kempten. Früher hätte man dafür unter Umständen auf ein Fahrzeug aus München oder Augsburg warten müssen. "Die Zeit dafür bleibt aber oft nicht", sagt Thomas Vogt, Stadtbrandrat der Feuerwehr Kaufbeuren. "Einmal haben daher wir ein Krankenhausbett in einen Versorgungs-Lkw geladen, um eine Patientin zu transportieren", erinnert sich Vogt an einen heiklen Einsatz.

    163 PS für 165000 Euro

    Der 163 PS starke Schwerlast-Rettungswagen wird als reguläres Rettungsfahrzeug für alle Patienten genutzt. "Tritt ein schwergewichtiger Fall auf, wird der neue Wagen sofort dorthin entsandt", erklärt Raphael Doderer, Pressesprecher der Johanniter. 165000 Euro kostet das speziell ausgerüstete Gefährt, etwa 25000 Euro mehr als ein Standard-Einsatzfahrzeug. "Alleine die Schwerlasttrage kostet 10000 Euro", weiß Rettungsleiter Adler.

    Diese Investitionen scheinen nötiger zu werden, da der Bedarf laut Stadtbrandrat Vogt größer wird: "Unsere Einsatzzahlen sind in den letzten Jahren klar gestiegen. Wir rücken derzeit etwa fünf bis sechs Mal jährlich aus, um den Rettungsdienst zu unterstützen".

    Im Krankenhaus gehen die Probleme meist weiter - Mobiliar und Gerätschaften scheitern an den übergewichtigen Patienten. "Technisch ist in einer normalen Klinik nichts auf extremes Übergewicht ausgelegt", weiß Dr. Dirk Dammann, Chefarzt der Kinder-Reha an den Fachkliniken Wangen. Der OP-Tisch ist nicht stabil genug, die Röhre eines Computertomographen zu eng und Thrombosestrümpfe bräuchte es in XXL. "Sogar eine Blutdruckmanschette passt bei adipösen Patienten nicht um den Oberarm", sagt Dammann. Die Betten müssten breiter gemacht werden, aber nur so breit, dass sie noch durch die Türen passen. "30 Prozent aller Deutschen leiden heute an Adipositas", berichtet Dammann, "und die Zahlen steigen. Darum werden wir in Zukunft noch mehr Anfertigungen wie den Schwerlast-Rettungswagen brauchen."

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