Oberallgäu (ell). Hunderte von Unterschriften gegen ein achtjähriges Gymnasium schon ab dem Schuljahr 2004/2205 sammelten Lehrer, Eltern und Schüler an allen drei Gymnasiums-Standorten im Oberallgäu am Samstagvormittag. Ihre Hauptargumente gegen den Stoiber-Vorstoß wurden in Sonthofen, Immenstadt und Oberstdorf eifrig diskutiert. Der Kernpunkt des Protestes richtet sich gegen eine zu schnelle Umsetzung der Reform: Erst müsse der Lehrplan entrümpelt und gekürzt werden. Das gleiche Pensum wie bisher in acht Jahren schaffen zu müssen, sei für Kinder und Lehrkräfte nicht annehmbar, sollen Qualität des Unterrichts und ganzheitliche Bildung für die Jugendlichen bestehen bleiben. Beim Wochenmarkt in Sonthofen boten Schlagworte an Stellwänden Stoff für viele Diskussionen: Überforderung: zwei bis drei Nachmittage!, Keine Zeit für Freizeit, Musikschule und Sportverein. Eine ältere Dame lehnte es ab, mit ihrer Unterschrift zu protestieren: Ich habe selbst in acht Jahren das Gymnasium absolviert, das war bis 1954 überall so, argumentiert sie. Die Elternbeiratsvorsitzende Ingrid Dürr hält mit anderen Eltern, Lehrkräften und Schülern dagegen: Eine Reform lehne ja keiner grundsätzlich ab, das Für und Wider einer Verkürzung der gymnasialen Schulzeit müsse diskutiert werden.
Aber alle Lehrervertreter und Elternbeiräte der drei Gymnasien sind sich einig: So nicht. Zuerst müsse ein pädagogisches Konzept für die Reform erarbeitet werden. Schülersprecherin Lissa Probst aus der 10 b in Sonthofen trifft der Stoiber-Plan nicht mehr: Selbst wenn das achtjährige Gymnasium ab nächstem Schuljahr realisiert wird, startet der Aufbau zunächst nur in den ersten Klassen. Trotzdem unterstützt sie den Protest: Wenn der gleiche Stoff wie bisher in kürzerer Zeit gelernt werden muss, führt das zu einer Überforderung vor allem der weniger talentierten Schüler. Die Schlechteren bleiben auf der Strecke, ist sie sicher. Dieses Gegenargument teilen Ingrid Dürr und Mathematik- und Wirtschaftslehrerin Andrea Schröder: Bei Klassengrößen mit durchschnittlich 28 Schülern und genauso wenig Lehrern wie bisher kann die Folge nur sein, dass die Förderung der schwächeren Schüler leidet. Auf Schüler und Lehrer käme Nachmittagsunterricht an zwei bis drei Tagen zu, Zeit, die den Lehrkräften für die Vorbereitung fehle, rechnet Andrea Schröder vor. Die durchschnittliche Unterrichtszeit in wissenschaftlichen Fächern an Gymnasien liege jetzt bei 23, beim achtjährigen Gymnasium dann bei 25. Die Lehrkräfte und Eltern halten es auch für völlig unmöglich, die Schulgebäude mit Aufenthaltsräumen, Mittagsbetreuung, Verpflegungsmöglichkeiten und völlig neuen Schulbüchern auszustatten: Auf die Kommunen kämen unkalkulierbare Kosten zu, selbst wenn Platz für Anbauten da wäre, argumentiert Andrea Schröder. In anderen Ländern wie Finnland oder Großbritannien sei die Infrastruktur völlig anders, sowohl was die Räumlichkeiten als auch die sozialpädagogische Fachbetreuung der Schüler anbelangt: Das Ganze ist ein Wahnsinn und einfach nicht zu schaffen, ist sie wie viele Kollegen überzeugt.