Osterzell (rim) - Wenn im September das neue Schuljahr beginnt, werden die Erstklässler aus Osterzell und den Ortsteilen nicht gemeinsam mit ihren älteren Geschwistern mit dem Schulbus nach Stöttwang fahren, sondern allein in das weiter entfernt liegende Westendorf. Weil nur 84 Kinder eingeschult werden, kann die Volksschule Stöttwang-Westendorf nur drei erste Klassen bilden. Die betroffenen Eltern ärgern sich, dass keine Ausnahmeregelung erwirkt wurde. Eduard Gapp vom Schulamt Ostallgäu sagt, dass die Anzahl der zugewiesenen Schulstunden nicht ausreiche, um eine weitere erste Klasse zu schaffen. Im kommenden Schuljahr wird es morgens bei der Familie Ried kompliziert. Die jüngste Tochter Susanne (6) wird dann wahrscheinlich gegen 7 Uhr das Haus verlassen, um den Schulbus nach Westendorf zu erwischen, während der ältere Bruder Andreas (10) noch eine halbe Stunde warten darf. Er drückt im nahen Stöttwang die Bank. 'Seit 30 Jahren gehen die Osterzeller Kinder dort auf die Schule', sagt Mutter Christine Ried. Vier Kilometer sind es dorthin. Ein Weg, den sie akzeptieren kann. Für Susanne sind es nun allerdings zehn Kilometer. Denn für sie und die sieben weiteren ABC-Schützen aus Osterzell ist heuer kein Platz mehr in der Stöttwanger ersten Klasse. Der Hintergrund der Misere: Die Volksschule Stöttwang-Westendorf ist auf drei Gemeinden verteilt. In Stöttwang, Westendorf und Oberostendorf stehen die Schulgebäude, in denen im kommenden Schuljahr die ersten Klassen unterrichtet werden, jeweils eine pro Ort. 84 Kinder werden im September eingeschult. 'Nach der Anzahl der Schüler werden den Schulen Lehrerstunden zugeteilt', berichtet Gapp.
'Vom Budget hat die Schule Stöttwang-Westendorf nicht so viele, um eine vierte erste Klasse zu bilden.' Erst ab 91 Schülern wäre es möglich. Dann griffe nämlich die Regelung, dass die Klassenstärke nicht die 30 überschreiten darf. Dafür sind es aber sieben Kinder zu wenig. Auch der zweite Bürgermeister Osterzells, Johann Strohhacker, fände es besser, wenn es eine weitere vierte Klasse gäbe. 'Noch schwerwiegender als die lange Fahrzeit ist die Klassenstärke', sagt er. Bei 27 oder 28 Kindern bliebe den Lehrern gar nicht genügend Zeit, sich ausreichend um jeden einzelnen zu kümmern. Besonders schlimm sei das für die Schwachen. 'Verlieren werden dieses Spiel die Kinder.' Dabei weist er darauf hin, dass es genügend arbeitslose Lehrer gebe. 'Der Staat spart sich nicht wirklich Geld, wenn er eine Lehrerstelle einspart.' Die arbeitslosen Pädagogen würden auch vom Staat versorgt. 'Die Politik versagt in dieser Richtung. Nach der Pisa-Studie hat man jahrelang gepredigt, dass man kleinere Klassen braucht.'Als im Frühjahr abzusehen war, dass es nur drei erste Klassen im kommenden Schuljahr in der Volksschule Stöttwang-Westendorf gibt, haben einige betroffene Eltern eine Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht, in der sie erwirken wollten, dass Schulverbände auf dem Land anders behandelt werden. 'Wir liegen im oberen Grenzbereich', erläutert Ludwig Lang, dessen Sohn Stefan (6) ab September ebenfalls in Westendorf zur Schule gehen wird. 'Das hätte man anders entscheiden müssen. Die Größe der Klasse ist problematischer als die längeren Anfahrtswege.'