Kempten (mun). - Die Geschichten sind schrecklich. Es geht um eines der widerlichsten Verbrechen, die es gibt: Den sexuellen Missbrauch von Kindern. Und der stellvertretende Kemptener Kripo-Chef Wolfgang Huber gibt sich bewusst zurückhaltend: 'Manchmal werden uns von Kindern Dinge erzählt, die einfach nicht zutreffen - aber es darf keinesfalls irgend etwas in diesem Bereich verharmlost oder verallgemeinert werden.' Huber betont mit Nachdruck: 'Natürlich, das sind Einzelfälle.' Dennoch haben sich im vergangenen Jahr im Bereich der Polizeidirektion Kempten acht von Kindern angezeigte Missbrauchsfälle als frei erfunden herausgestellt. Neben den vielen tatsächlichen Missbrauchsfällen ist die Zahl der angezeigten, frei erfundenen Straftaten in diesem Bereich ausgesprochen gering. 'Oft sind sich Kinder oder Jugendliche gar nicht bewusst, was sie machen', glaubt Huber. Doch die Folgen können - zumindest für Jugendliche ab 14 Jahren- gravierend sein: Aus juristischer Sicht müssen sie mit einem Verfahren wegen des Vortäuschens einer Straftat rechnen. Kinder dagegen kommen - weil noch strafunmündig - ohne Konsequenzen davon.
Untersuchungshaft droht Durchaus harte Konsequenzen dagegen drohen den beschuldigten Tätern: Handelt es sich beispielsweise um eine angezeigte Vergewaltigung oder einen anderen schweren sexuellen Kindsmissbrauch, wird der Beschuldigte in aller Regel in Untersuchungshaft genommen. Erst nach längerer Ermittlungsarbeit hat sich der jüngste angezeigte Missbrauchsfall bei der Kemptener Kriminalpolizei als falsch herausgestellt. Nach den Worten Hubers hatte sich ein elfjähriges Mädchen an die Polizei gewandt. Sie berichtete, sie sei vom neuen Lebengefährten ihrer Mutter sexuell missbraucht worden. Gewisse Ungereimtheiten und Widersprüche bei der Vernehmung hätten die Polizei dann doch stutzig gemacht, schildert Huber. Erst später habe das Mädchen gestanden, die Geschichte sei frei erfunden.
Unterschiedliche Motive Das Motiv in diesem Fall war laut Kriminalpolizei: Das Kind habe nicht bei der Mutter mit ihrem neuen Lebensgefährten, sondern bei seinem leiblichen Vater leben wollen. 'Solche und ähnliche Fälle haben in den vergangenen Jahren zugenommen', so Kriminalhauptkommissar Huber. Die Motive seien sehr unterschiedlich. Oft entwickelten sich solche Fälle in zerrütteten Familienverhältnissen. Oder es gehe Kindern und Jugendlichen darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen.