Oberarme dick wie die Oberschenkel eines Fußballers, dazu ein Kreuz doppelt so breit wie das eines Leistungsschwimmers - so wird klischeehaft die Figur einer Kugelstoßerin beschrieben. Auf Tamara Rochelt trifft das aber nicht zu. "Zum Glück", sagt die 15-Jährige mit den pink lackierten Fingernägeln. "Ich bin auf Wettkämpfen meist die Kleinste und Dünnste." Und oft auch die Erfolgreichste. Hinter der zierlichen Leichtathletin der SG Simmerberg liegt das bislang erfolgreichste Jahr ihrer jungen Karriere mit vier Allgäuer Meistertitel sowie einer Goldmedaille bei der IBL-Meisterschaft. Ihre Disziplinen: Kugelstoßen, Diskuswerfen und Speerwerfen - eine im Westallgäu in dieser Form einzigartige Kombination.
"Anfangs war ich eher die Sprinterin, aber als ich in die Pubertät gekommen bin, war ich nicht mehr so gut", erzählt Tamara, die seit sechs Jahren Leichtathletik betreibt. Also legte sie die Laufschuhe zur Seite und griff zu den Wurfgeräten. Weil sich schnell erste Erfolge eingestellt haben, ist sie dabei geblieben. "Wenn man in etwas gut ist, dann macht es halt einfach Spaß", findet die Neuntklässlerin, die den M-Zug in der Mittelschule Weiler besucht. Die zweifache bayerische Vizemeisterin, die auch gerne reitet und Fußball spielt, findet es nicht schlimm, dass sie nicht die typische Figur für ihre Lieblingsdiszplinen hat. Muskeln seien ohnehin nicht das wichtigste. "Natürlich braucht man auch Kraft.
Aber wenn man die Technik nicht beherrscht, dann hat man keine Chance", sagt sie und präzisiert: "Wenn man keine schnelle Hüfte hat und keinen schnellen Arm, dann ist es verdammt schwer." Die 3 kg schwere Kugel stößt sie bis zu 10,32 Meter weit. "Im Wettkampf entscheiden aber oft nur vier, fünf Zentimeter", weiß sie. Nicht zu verachten sind auch Tamaras Bestleistungen im Diskuswerfen (27,79 m) und Speerwerfen (26,34 m). Am schwierigsten sei der Umgang mit dem Diskus, denn der erfordere besonders viel technisches Feingefühl. "Ich kann es auch noch nicht richtig", gibt sie zu. Dafür macht es ihr aber eine diebische Freude, wenn sie die Jungs im Training ab und zu beim Speerwerfen übertrumpfen kann. "Das ärgert sie, auch wenn sie es nie zugeben würden", verrät sie und grinst dabei schelmisch.
Das Wettkampfjahr 2010 ist für die Simmerberger Athletin mittlerweile abgeschlossen. Nun stehen Lauf-, Kraft- und Hallentraining an. Im Frühjahr geht es ins Trainingslager nach Italien - und dann will Tamara, deren Vater eine Gärtnerei in Weiler besitzt, wieder angreifen. "Ich will mich im Kugelstoßen wieder für die Bayerische qualifizieren, meinen ersten Siebenkampf bestreiten - und mehr trainieren. Ich bin nämlich faul", gibt sie zu. Für die sportlichen Hausaufgaben, die sie von ihren Trainern Nina Widholm und Gregor Einsle bekommt, könne sie sich nicht immer motivieren. Bei der imposanten Medaillen- und Titelsammlung scheint das nicht so schlimm zu sein.