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Schloss Neuschwanstein soll Unesco-Weltkulturerbe werden - Bürgerentscheid am Sonntag

Bürgerentscheid am Sonntag

Warum die Bürger Schwangaus verhindern könnten, dass Neuschwanstein Weltkulturerbe wird

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    Das Schloss Neuschwanstein könnte Weltkulturerbe werden. Doch die Entscheidung darüber liegt am Sonntag bei den Bürgerinnen und Bürgern Schwangaus. (Symbolbild)
    Das Schloss Neuschwanstein könnte Weltkulturerbe werden. Doch die Entscheidung darüber liegt am Sonntag bei den Bürgerinnen und Bürgern Schwangaus. (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

    Seit einem Vierteljahrhundert wird in Bayern darüber diskutiert, ob das Märchenschloss im Allgäu Welterbe werden soll. Kurz bevor nun der prestigeträchtige Titel der Unesco tatsächlich für Neuschwanstein errungen werden kann, sind bei dem Projekt unerwartete Schwierigkeiten aufgetaucht.

    Die Gründe gegen das Weltkulturerbe-Prädikat

    Denn in der Heimatgemeinde sind nicht alle von dem Weltkulturerbe-Prädikat begeistert. Der Grund: So könnten vielleicht noch mehr Touristen zu den Königsschlössern oder auch Beschränkungen für Bauherren kommen. Die Bürger von Schwangau werden deswegen an diesem Sonntag (18. Juni) bei einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob sie das Projekt unterstützen.

    Welterbe-Vorschlag: "Gebaute Träume"

    Neuschwanstein ist das Aushängeschild des Welterbe-Vorschlags "Gebaute Träume", bei dem vier Bauten Ludwigs II. gesammelt vorgeschlagen werden. Auch die Schlösser Linderhof und Herrenchiemsee sowie das Königshaus am Schachen sind dabei. Neuschwanstein ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Bayerns, das meist besuchte Schloss Deutschlands und in der ganzen Welt berühmt. "Neuschwanstein ist einfach unvergleichlich, ein Gesamtkunstwerk aus Architektur und Landschaft, Kunst und Technik", schwärmt Alexander Wiesneth, der sich bei der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung um Fragen des Weltkulturerbes kümmert.

    Antrag schon 2015 eingereicht

    Im Jahr 2015 wurde der bayerische Schlösser-Antrag offiziell bei der Unesco in Paris auf den Weg gebracht. In den Fachgremien wähnte man sich auf der Zielgeraden: Der Antragstext und der Managementplan sind nach vielen Gesprächsrunden und Abstimmungen fertig. Sie sollen am 30. September zur Vorprüfung bei der Unesco eingereicht werden. Der finale Antrag ist für den 1. Februar 2024 geplant, mit der Entscheidung des Welterbekomitees wird im Sommer 2025 gerechnet.

    Schwangau hat, was das Weltkulturerbe angeht, Vorbehalte

    Nun fehlt nur noch eines: Der Schwangauer Gemeinderat müsste beschließen, dass er den Antrag unterstützt. Die anderen von dem Antrag betroffenen Gemeinden haben das bereits getan. In Schwangau gibt es allerdings in der Bevölkerung und im Gemeinderat so viele Vorbehalte gegenüber den Plänen, dass das Gremium sich außerstande sah, einen Beschluss zu fassen. Stattdessen wurde entschieden, dass es einen Bürgerentscheid geben soll. "Das ist gelebte direkte Demokratie", sagt der Schwangauer Bürgermeister Stefan Rinke (CSU).

    Misstrauen gegenüber der "Pufferzone" und Sorge vor noch mehr Touris

    Im Vorfeld gab es zwei Informationsveranstaltungen, um die Bürger und Bürgerinnen zu informieren und ihre Sorgen zu hören. Dabei wurde beispielsweise Misstrauen gegenüber der "Pufferzone" geäußert, die um das Schloss gebildet werden soll. "Steht dann alles unter Ensembleschutz?" oder "Dürfte ich da noch einen Aussiedlerhof bauen?" wurde von Interessierten gefragt. Andere äußerten die Befürchtung, der Welterbe-Titel könnte noch mehr Besucher anlocken, die mit dem Auto anreisen und die Straßen verstopfen. Auch der Nutzen des Welterbe-Prädikats wird von einigen grundsätzlich angezweifelt.

    "Großartige Chance, den weltweit höchst begehrten Titel" für Neuschwanstein und Co. zu erhalten

    Auch Bayerns Kunstminister Markus Blume und Finanzminister Albert Füracker (beide CSU) versuchten im Vorfeld nochmals, für das Welterbe-Siegel zu werben. Denn es biete sich "die großartige Chance, den weltweit höchst begehrten Titel" für Neuschwanstein und Co. zu erhalten. "Nicht nur im Freistaat wissen wir, die bayerischen Königsschlösser sind etwas ganz Besonderes", meinte Blume. "Gleichwohl ist uns der Wille der Bürgerinnen und Bürger vor Ort besonders wichtig", ergänzte Füracker, dem die Schlösserverwaltung untersteht.

    Bewerbung steht und fällt mit der Entscheidung der Bürger

    Falls die Schwangauer an der Urne mehrheitlich mit "Nein" zum Antrag stimmen, hat die Bewerbung keine Aussicht auf Erfolg, denn die Unesco verlangt die Unterstützung der betroffenen Kommunen. Für den Freistaat wäre das peinlich. Zudem könnte erst in einigen Jahren ein neuer Anlauf genommen werden, um doch noch auf die Welterbeliste zu gelangen.

    Dabei haben europäische Anträge es ohnehin inzwischen schwer, denn unter den 1157 Welterbestätten ist Europa bereits überproportional vertreten und die Liste soll eine gewisse Exklusivität behalten. Allein Deutschland verzeichnet bereits 51 Natur- und Kulturerbestätten, darunter in der Nachbarschaft das oberbayerische Rokoko-Juwel Wieskirche und das historische Augsburger Wassermanagement-System.

    Deutschlands Welterbe-Expertin Birgitta Ringbeck, langjährige Leiterin der entsprechenden Koordinierungsstelle im Auswärtigen Amt, möchte an ein Scheitern trotzdem nicht mal denken: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in Deutschland die Welterbeliste abschließen und Neuschwanstein ist nicht dabei."

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