Ketterschwang (ofr). - Erst der Braten, dann die Bilanz - das ist Tradition bei den Versammlungen der Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh Allgäu-Kaufbeuren. Doch diesmal hätte die Tagesordnung auch umgekehrt ausfallen können, ohne den Landwirten den Appetit zu verderben: Rekordumsätze und Aufwärtstrends bei den Fleischpreisen sorgen nicht nur innerhalb der EG-Geschäftsleitung für zufriedene Gesichter. Gut 30 Jahre nach ihrer Gründung präsentiert sich die Kooperative so stark wie nie. Eine bessere Position gegenüber der Lebensmittelindustrie und die unbürokratische Vermarktung bringen immer mehr Landwirte dazu, sich der EG anzuschließen. Die Zahlen, die Geschäftsführer Berthold Kirchmaier bei der Regionalversammlung in Ketterschwang vortrug, lassen aufhorchen: Die 4567 in der Erzeugergemeinschaft organisierten Landwirte (Mitgliederhöchststand) produzierten im vergangenen Jahr 50 648 Stück Schlachtvieh und erzielten damit einen Rekordumsatz von 21,6 Millionen Euro. 2004 wurden im Vergleich dazu 'nur' 19 Millionen umgesetzt, 2003 rund 15,3 Millionen Euro. Allein im Bereich Kaufbeuren hat sich die Zahl der von den EG-Mitgliedern produzierten Schweine innerhalb von fünf Jahren auf über 20 000 Stück vervierfacht. Als einzige der drei Erzeuger-Regionen konnte der Bereich Lindau die Zahlen der Vorjahre nicht übertreffen. Eine 'sehr positive Entwicklung' (Kirchmaier) zeigt dafür der 'Allgäuhof' - die Bio-Schiene der EG. Den Erfolg der Erzeugergemeinschaft erklärt Kirchmaier vor allem mit der Qualität der Schlachttiere: 'Unsere Landwirte produzieren einwandfreie Ware, da liegen wir auch EU-weit vorn. Die Verbraucher können sich absolut sicher sein, dass sie gute Produkte bekommen.'Hinsichtlich der Preisentwicklung fällt Kirchmaiers Prognose für 2006 vor allem bei den Schlachtkühen positiv aus. Damit liegt der EG-Geschäftsführer auf einer Linie mit Marktkenner Jürgen Lieb. 'Das Tal der Tränen ist durchschritten', betonte der Vieheinkäufer der Moksel AG im Rückblick auf die vergangenen Jahre. Wie sehr die örtlichen Schlachtvieherzeuger von der globalen Entwicklung abhängen können, zeigte Lieb mit einem Überblick der Handelsströme für Fleisch. In Europa wird es vor dem Hintergrund weltweit steigender Nachfrage bei gleichzeitig zunehmender Produktion zwar auch 2006 keine großen Veränderungen geben. Die in Südamerika grassierende Maul- und Klauenseuche könne aber zu 'recht positiven Aussichten' beim Rindfleisch führen, auch weil die europäischen Rinderbestände abnehmen.
Vogelgrippe als Umsatzbringer?Möglichweise kann auch die Vogelgrippe zum Umsatzbringer für Schweineproduzenten werden. 'Der Verbraucher wird verstärkt von Geflügel auf Schweinefleisch umsteigen', glaubt Lieb. Die Auswirkungen auf den Rindfleischmarkt schätzt er wegen der großen Preisdifferenzen zu Schweine- und Hühnerfleisch eher gering ein. Schadenfreude, dass es nach den schweren Umsatzeinbrüchen durch BSE nun andere Fleischerzeuger trifft, ist für Berthold Kirchmaier allerdings nicht angebracht: Sollte die Krankheit auch in unseren Breiten ausbrechen, drohten schnell Verbote für Fleischtransporte, auch für Rinder und Schweine. Mit der Vogelgrippe beschäftigte sich der zweite Referent des Abends nur am Rande: Im Anschluss an seinen Vortrag über die Vermeidung von Rinderdurchfall (BVDV) warnte Dr. Manfred Brehm vom Veterinäramt Ostallgäu vor übertriebenen Reaktionen auf die Viruserkrankung der Vögel: 'Die Sache nicht verharmlosen, aber auch bitte nicht wegen jedes toten Spatzes auf dem Balkon gleich hysterisch werden.'Die EG in Zahlen Getrennt produzieren, gemeinsam vermarkten: Die Grundidee der Erzeugergemeinschaft Schlachtvieh Allgäu w. V. - Kaufbeuren hat sich seit 30 Jahren nicht geändert. 4567 Landwirte aus den Regionalbereichen Schwabmünchen, Mindelheim, Kaufbeuren, Marktoberdorf und Füssen sowie dem Bezirk Lindau und dem 'Allgäu-Hof' bringen derzeit ihre Schweine und Rinder (Kühe, Färsen, Kälber, Bullen und Ochsen) über die Kooperative an den Kunden - im vergangenen Jahr genau 50 648 Stück Schlachtvieh. Über die Geschäftsstelle in Ketterschwang werden Transport und Schlachtung organisiert und abgerechnet. Während die Kühe ausschließlich über lokale Metzgereien vermarktet werden, arbeitet die EG bei den übrigen Tieren eng mit dem zum Südfleisch-Konzern gehörenden Buchloer Schlachthof zusammen. Dort ist die Erzeugergemeinschaft der größte Kunde, was sich auch auf die Schlachtpreise auswirkt. 'Bei den riesigen Stückzahlen bekommen wir beste Konditionen', betont Geschäftsführer Berthold Kirchmaier. Die exakten 'Auftriebszahlen' (an Metzger und Schlachthöfe gelieferte Tiere) für das Jahr 2005: Bereich Kaufbeuren: 21 443 Stück Rinder, 20 437 Schweine; Bereich Lindau: 5 330 Rinder, 2 125 Schweine; 'Allgäu-Hof': 1 313 Rinder.