'Biermösl Blosn' teilen in Memmingen unbarmherzig Watschn aus zur Freude des Publikums. Von Volker Klüpfel Memmingen Der Wolf, sagt das Sprichwort, komme im Schafspelz daher. Der (bayerisch) singende und sprechende Beweis dafür: die 'Biermösl Blosn' am Samstagabend auf der Meile. Wie sie da in Freizeitkleidung mit ein paar Minuten Verspätung auf die Bühne kommen, seelenruhig ihre Instrumente auspacken, die Stühle hin und her rücken, könnte man sie glatt für Bühnenarbeiter halten. Aber sobald sie mit ihren hinterfotzingen Gstanzeln loslegen, wird klar: Diese Männer schießen scharf. Gegen Bayerntümelei, Bigotterie und Brauchtumsschändung.
Locker aus der Hüfte feuern die drei Well-Brüder ihre Spitzen ab, verteilen Fotzen für 'Leichenhäuser im Landhausstil', Bier, 'das eigentlich in Castorf-Behälter' gehört und geben Stefan Mross noch eine Watschn für die Absage seines Memminger Konzertes 'wegen des Unwetters' mit er wolle eben die Region nicht noch mehr schädigen.
Kurz gesagt: Sie verteidigen mit Zähnen und Klauen alles, was dem Bayern lieb und teuer ist. Der Gamsbart ist bei ihnen nur ironisch überhöhtes Zitat, Bayern mehr als die Summe seiner Sepplhüte. Zum Abschuss freigegeben sind deswegen vor allem die Mross\', und Moiks und die CSU. Ihre Waffe: bayerische Volksmusik. Echte Volksmusik. Mit Texten so hinterkünftig wie ein gesungener Simplizissimus. Vorgetragen mit einer solchen Vielzahl an Instrumenten, die sie mit so schwindelerregender Perfektion beherrschen, dass das Lachen über die Texte zeitweise einem ungläubigen Staunen weicht. Etwa, wenn sie so ausgefallene Geräte wie die Drehleier reanimieren, oder dem Alphorn das Jazzen beibringen.
Aber das ist auch das Mindeste, was man von dem Geschwistertrio erwartet, dessen Heimatplanet Hausen sich um die Fixsterne Katholizismus, Fensterln und Handymasten dreht. Denn natürlich haben sie den Mythos 'Biermösl Blosn' immer mit im Gepäck die Veranstaltung war bereits lange vor dem Meile-Beginn ausverkauft.
Warum sie so eine sichere Bank sind, beweisen sie bei jedem ihrer Auftritte ganz neu. Denn sie zeigen je nach Auftrittsort individuell verschieden auch erstklassiges lokales Kabarett. Von der Berndl-Diskussion über den neuen Bahnhof bis zur aktuellen Kino-Debatte: das alles wurde so elegant in ihre messerscharfen Couplets verwoben, dass es den Anschein hatte, sie seien von Anfang an fürs Unterallgäu geschrieben worden.
Was für ein Potenzial an Themen, mag sich mancher mit entäuschtem Blick auf die nicht-existente lokale Kabarett-Szene gedacht haben. Aber sicher nur kurz. Denn die 'Biermösl Blosn' war einfach zu gut, um an diesem Abend trüben Gedanken nachzuhängen.