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Russen fahren bei ihren Ski-Reisen mit ihr ab

Marktoberdorf

Russen fahren bei ihren Ski-Reisen mit ihr ab

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    Russen fahren bei ihren Ski-Reisen mit ihr ab
    Russen fahren bei ihren Ski-Reisen mit ihr ab Foto: beckmann

    Wenn Tatiana Wahler zu Hause in Marktoberdorf die Olympischen Winterspiele von Vancouver im Fernsehen verfolgt, erlebt sie ein Wechselbad der Gefühle. Da sind die schönen Erinnerungen an ihre Teilnahme unter ihrem damaligen Namen Tatiana Lebedeva mit der russischen Ski-Mannschaft in Albertville. Und ebenso steigt immer wieder der Moment an den "schrecklichen Unfall" hoch, der ihre hoffnungsvolle Karriere schlagartig beendet hat. Beim Trainingslauf zur Weltmeisterschaft in Sierra Nevada sauste sie in hohem Tempo über eine Kuppe und stieß unmittelbar danach mit einem deutschen Funktionär zusammen.

    Tatiana Lebedeva, zu ihrer Zeit ein Aushängeschild des Verbands, erlebte den Tiefpunkt in ihrem Leben. Zur körperlichen kam die psychische Belastung: "Ich hatte keinen Beruf, und die Mannschaft brauchte mich nicht mehr. Es war alles vorbei." Es gab auch kein soziales Netz.

    "Zwei Jahre lang habe ich versucht, in den Weltcup zurückzukommen", sagt sie. 20 Operationen ließ sie für diesen Traum über sich ergehen. Am Ende vergeblich. Das Risiko einer erneuten schweren Verletzung war ihr zu hoch. Sie beendete ihr Studium an der Sportakademie und war als Kommentatorin für das russische Fernsehen tätig, "zum Teil auf Krücken".

    Zur Rehabilitation ging Tatiana Lebedeva nach Österreich, wo sie deutsch lernen musste: "Meine Therapeutin wollte das." Um Antworten geben zu können, ging sie damals einen sprachlichen Umweg. Sie dachte in Russisch, übersetzte es für sich ins Englische und versuchte dies in Deutsch zu formulieren.

    Die gebürtige Kiewerin blieb in Österreich und arbeitete als Repräsentantin eines russischen Reisebüros, ehe sie das Angebot erhielt, in Schladming ein renommiertes Sporthotel zu leiten. Und in eben jenem Hotel lernte sie Thomas Wahler kennen. Sie heirateten.

    Eigene Firma rund um Ski

    Inzwischen besitzt Tatiana Wahler eine eigene Firma. Sie bietet für die russische Nationalmannschaft Komplettpakete für deren Trainingslager und Rennen in Europa an. Vom Kleinbus über Ski und Skikleidung bis hin zum Hotelbett organisiert sie alles. Was zur Folge hat, dass auch die Strafzettel für die vermieteten Autos mit Ostallgäuer Kennzeichen bei ihr landen. Die selbstbewusste 36-Jährige staunt über die finanziellen Mittel des Verbands. Zu ihrer aktiven Zeit gab es weder Sponsoren noch Gehalt noch Werbeeinnahmen. "Jetzt haben die Sportler alles. Sie sind verwöhnt." Auch an Konkurrenz mangelt es. "Früher waren wir 15 gleich Gute und nur sechs konnten starten." Das alles hat negative Folgen für den Sport. In Vancouver werden die Russen derzeit unter "ferner liefen" geführt.

    Bekannte Taufpatin

    Diese Blöße will sich der Verband bei den "eigenen" Winterspielen in Sotschi in vier Jahren nicht geben. Daran arbeitet als eine der Verantwortlichen Svetlana Gladischeva, eine Freundin aus Weltcupzeiten. Sie unterhält nicht nur gute Kontakte zur russischen Regierung, sondern auch zu Wahlers. Die Silbermedaillengewinnerin der Spiele von Lillehammer ist - neben Corinna Bruni - Taufpatin von Wahlers Tochter Elisabeth Victoria.

    Weder sie noch ihre beiden anderen Kinder sollen ihr nachfolgen. Obwohl ihr Sohn Victor das Talent seiner Mutter und seiner Großeltern (Oma 15 Jahre in der Ski-Nationalmannschaft, Opa Cheftrainer der Slalommannschaft) geerbt hat. Der Unfall von Spanien hat sich unauslöschlich eingebrannt.

    Tatiana Wahler geht nur noch mit der Familie und mit Freunden auf die Piste. Für hochklassige Rennen reicht ihr der Fernseher. Das ist ungefährlicher.

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